Drama, Baby!
Reifeprüfung de luxe: In „Judy“wandelt sich „Bridget Jones“-Darstellerin Renée Zellweger zur tragischen Showbiz-Legende Judy Garland!
Als Bridget Jones war Renée Zellweger, Tochter eines Schweizers und einer Norwegerin, unsere Verbündete bei der Suche nach Mr. Right inmitten vieler umsonst geküsster Frösche. Ihre Kurven entsprachen einem wohlgerundeten lebensfrohen Sexappeal, und das von Liebesleid verwüstete Herz ließ sich mit sehr viel Schokolade kurieren.
Dass sie abseits heilsamen Serotoninschocks auch ganz anders kann, bewies Zellweger Oscar-prämiert in einer Nebenrolle in dem rauen Kriegsdrama „Unterwegs nach Cold Mountain“.
In „Judy“verkörpert sie nun, im April dieses Jahres fünfzig geworden, den Hollywoodstar Judy Garland, und zwar so sensationell, dass einem der Atem stockt. Die Tour de Force einer ebenso verletzlichen wie kämpferischen Frau, deren Karriere in einem Schlaf ohne Wiederkehr tragisch endete. In London sprach Renée Zellweger über diese große schauspielerische Herausforderung.
Miss Zellweger, was fasziniert Sie an dieser Rolle?
Judy Garland war eine Stehauffrau. Ihr Leben war turbulent, privat unendlich schwierig. Doch trotz vier Scheidungen blieb sie im Herzen eine Romantikerin. Letztlich verbrannte sie im Scheinwerferlicht wie ein Insekt, das knisternd verglüht.
Wie Sie nun das Lied „Somewhere Over the Rainbow“aus dem Filmklassiker „Der Zauberer von Oz“singen, ist magisch! Und unglaublich mutig.
Danke. Vor allem Letzeres. Judy Garlands Stimme lässt sich ja nicht einfach kopieren. Sie war einzigartig. Ich habe ein hartes vokales Training durchlaufen, um mir das überhaupt zuzutrauen.
Judy Garland starb 1969 mit nur 47 Jahren an einer fatalen Überdosis eines Schlafmittels.
Ja, der tragische Finalakt einer Karriere, in die sie schon als Kind hineingestoßen wurde. Von einer manisch erfolgsgierigen Mutter, die die eigene Tochter ausbeutete. Diese Vereinnaheines
mung bis zur Selbstaufgabe war Judys Drama. Judy wurde ja auch von der Gay Community heiß verehrt . . .
Ja, das ist richtig. Großartig übrigens ihr Kommentar dazu wegen ihrer schwulen Gefolgschaft: „Ich singe für Menschen!“
Miss Zellweger, Sie selbst hatten sich ein ausgedehntes Sabbatical gegönnt und aus dem Filmgeschäft zurückgezogen. Gab es denn keine guten Drehbücher, die Sie interessierten?
Das war nicht der Grund. Ich habe mich plötzlich an einen Satz erinnert, den ich einmal gelesen hatte und der mich regelrecht betroffen machte, nämlich: Schieb dein Leben nicht auf! Ich wollte mich mit anderen Dingen und Menschen befassen, authentische Begegnungen erleben. Sich selbst auszuprobieren auf vielerlei Art ist wichtig. Das weiß ich jetzt.
Renée Zellweger entpuppt sich gerade wie ein schöner Falter, streift ihren Kokon ab – und sie hat ihre „Bridget Jones“-Allüren endgültig abgelegt. Und ja, sie fliegt hoch, vielleicht sogar Richtung Oscar!
Diese Vereinnahmung bis zur Selbstaufgabe war Judys Drama.