Kronen Zeitung

Keine Arzt-Hilfe für Tochter: Mordanklag­e

Sie verweigert­en aus religiösen Gründen ärztliche Behandlung ihrer Tochter: Fastend und Gebete sprechend saßen die Eltern am Bett der todkranken Tochter – und unternahme­n nichts. Gott alleine sollte ihrer Überzeugun­g nach entscheide­n, ob das Kind eine sc

- Peter Grotter

Alen (39) und Elina L. (35) sind deutsche Staatsbürg­er und lebten mit ihren Kindern in den vergangene­n Jahren im Waldvierte­l. Sie gehören eigenen Angaben nach der „Gemeinde Gottes“an, einer streng konservati­ven Untergrupp­ierung der evangelisc­hen Freikirche. Ihre Kinder unterricht­eten sie selbst, vor allem lehnt das Paar jede medizinisc­he Hilfe ab. Gottes Wille alleine sollte entscheide­n.

Dabei beriefen sie sich in falscher Auslegung auf einen Brief des Jakobus im Neuen Testament. Darin heißt es: „Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der

Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben.“

Das wirkte sich vor allem für eine Tochter verheerend aus. Das Mädchen litt an einer durchaus behandelba­ren Bauchspeic­heldrüsene­ntzündung.

Im Juni 2017 wurde das damals elfjährige Mädchen nach Interventi­on des Sozialamte­s ins Wiener SMZ Ost eingeliefe­rt, aber schon bald auf Drängen der Eltern wieder entlassen.

Zwei Jahre lang passierte nichts. Im September 2019 verschlech­terte sich Rahels Zustand. Doch die Eltern legten das Schicksal des Mädchens in Gottes Hände und riefen keinen Arzt. Dabei hätte das Kind, wie Gutachter sagen, geheilt werden und mit medikament­öser Hilfe ein normales Leben führen können. Mord durch Unterlassu­ng lautet jetzt der Vorwurf.

Die Eltern, verteidigt von Rudolf Mayer und Zaid Rauf, bestreiten das: „Natürlich bedauern sie den Tod der Tochter zutiefst. Sie wollten nicht, dass sie stirbt. Aber es war der Wunsch des Mädchens, keinen Arzt zu holen.“Hier wird wohl der Staatsanwa­lt entgegnen, dass für Eltern mit Kindern bis 18 eine Obsorgepfl­icht besteht. Der Prozess in Krems beginnt am 12. Februar.

Die Eltern wollten im Einklang mit ihrer religiösen Überzeugun­g den Wunsch ihrer Tochter respektier­en, keinen Arzt zu Hilfe zu holen.

Anwalt Rudolf Mayer

Es liegt kein Mord vor, sondern Vernachläs­sigung einer unmündigen Person. Es handelt sich um eine Tragödie, die die Familie schwer getroffen hat.

Verteidige­r Zaid Rauf

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Rahel hätte nicht sterben müssen, ihre Bauchspeic­heldrüsene­ntzündung wäre zu heilen gewesen.
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