Kronen Zeitung

Von guten Mächten

- Michael.chalupka@evang.at

Der Übergang ist geschafft. Von einem Jahr zum anderen. Die Zwanzigerj­ahre haben uns auch eine neue Regierung geschenkt. Übergänge sind nicht immer leicht, sie verunsiche­rn. Was bleibt vom Alten? Was wird das Neue bringen? In den evangelisc­hen Gottesdien­sten zum Jahreswech­sel wird fast überall ein Lied gesungen, das diese Gefühle wie kein zweites zusammenfa­sst. „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr.“

Dieses Lied, das so viel Trost spendet, wurde vor 75 Jahren unter schrecklic­hsten Umständen geschriebe­n. Der evangelisc­he Theologe Dietrich Bonhoeffer hat es kurz vor Weihnachte­n 1944 im Nazi-Gefängnis für seine Verlobte Maria von Wedemayr verfasst. Am deutlichst­en wird der Ort des Grauens, an dem Bonhoeffer wenige Monate später hingericht­et werden sollte, in der dritten Strophe: „Und reichst du uns den schweren Kelch, den bittern des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus deiner guten und geliebten Hand.“Das Lied aber schließt mit einem Vers voller Gottvertra­uen: „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“Dietrich Bonhoeffer wollte seine junge Verlobte trösten und schenkt uns Zuversicht bis an den heutigen Tag.

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