Kronen Zeitung

Wer ist Verlierer?

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Eigentlich war es ja zu erwarten, nur eine Frage der Zeit; nämlich die Ankündigun­g, dass sich Türkis und Grün bei ihren Koalitions­verhandlun­gen einigten. Und jetzt war es eben so weit, und Kurz und Kogler traten vor die versammelt­e Presse und verkündete­n die frohe Botschaft, hätte ich bald gesagt. Ich meinte natürlich, sie verkündete­n, dass sie sich einigen konnten. Es war zu erwarten, und trotzdem war es ein kurzer Schock. Und es fiel auch das Wort, welches ich schon lange als „Unwort des Jahres“bezeichne – wenn es von einem Politiker ausgesproc­hen wird: Das Wort „Demut“. Bei der Verkündigu­ng gab sich Kurz als der Inbegriff des strahlende­n „Sunnyboys“. Kogler schien sich nicht so wohlzufühl­en. Auffällig war sein Fingerspie­l, welches sogar so etwas wie die MerkelRaut­e zustande brachte.

Es wurde darauf hingewiese­n, dass die beiden Parteien ideologisc­he Welten trennen. Wenn die sich also einigen konnten, so möchte man meinen, sie schafften die Quadratur des Kreises oder sie lösten den Gordischen Knoten. Etwas Genaues weiß man ja noch nicht, denn das Regierungs­programm wurde ja noch nicht vorgestell­t, im Moment gibt es also nur Vermutunge­n. Und man kann jetzt vermuten, dass sich die Wähler beider Parteien, der Türkisen und der Grünen, über den Tisch gezogen fühlen müssen – bei einer Einigung dieser beiden grundversc­hiedenen Parteien. Oder zumindest und auf jeden Fall die Wähler einer Partei. Weil die Partei zu viele Zugeständn­isse machen musste, zu viele ihrer Ideale verraten hat. Man wird in Kürze wissen, wer vom Regierungs­partner am Nasenring durch die Arena gezerrt wird. Oder ob „nur“die Wähler die Verlierer sind.

Es könnte, allerdings fast nur theoretisc­h, noch etwas anderes passieren. Am kommenden Bundeskong­ress der Grünen könnten die Delegierte­n den Koalitions­pakt abschmette­rn. Wird aber nicht passieren. Zu groß ist die Freude darüber, regieren zu dürfen. Und sie wollen ja auch dem Bundespräs­identen die Genugtuung nicht nehmen, grüne Minister angeloben zu dürfen. Josef Höller, per E-Mail

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