Der strenge Sepp
Seit 20 Jahren ist der Kärntner Ex-Skispringer Gratzer der oberste Materialinspektor Bei der Vierschanzen-Tournee durfte die „Krone“in den Kontroll-Container hineinblicken
Ein Bürotisch und ein paar Stühle – der Arbeitsplatz von Sepp Gratzer ist recht spartanisch eingerichtet. Für den Materialinspektor ist nur wichtig, dass eine Waage und die verschiedenen Messgeräte im Container sind.
Im Adler-Zirkus sind Ski, Bindung, Sprungstiefel, Anzug und Helm streng reglementiert. „Wenn Regeln nicht überprüft und Verstöße sanktioniert werden, macht ja jeder, was er will“, erklärt der Kärntner.
Zuletzt sorgte ein Porosimeter, mit dem man die Luftdurchlässigkeit der Anzüge kontrolliert, für Aufregung. Gratzer disqualifizierte im finnischen Ruka mit zwei Slowenen und drei Norwegern gleich fünf Topspringer: „Die untere Toleranzgrenze war unterschritten. Warum das an diesem Tag gleich bei mehreren Athleten passiert ist, kann ich nicht beurteilen.“
Der 64-Jährige führt aber keine heimliche „Abschussliste“. Für den ehemaligen Skispringer, der bei Olympia 1976 als Vorspringer dabei war, geht es um Chancengleichheit: „Ich laufe nicht mit der Lupe herum, um jemand unbedingt zu erwischen. Aber die Sportler wollen, dass viel kontrolliert wird“, so Gratzer, „wenn ihnen etwas auffällt, geben sie mir auch Tipps.“
Kurze Zeit dicke Luft
Manchmal herrscht nach Disqualifikationen beim strengen Sepp dicke Luft. „Es passiert hin und wieder, dass ein Springer die Tür zudrischt, spätestens am nächsten Tag entschuldigt er sich“, erzählt Gratzer.