Kronen Zeitung

Freie Meinung

- Schule@kronenzeit­ung.at

Mit meinen Schülern hatte ich mehrmals Gespräche über die Situation in ihren Herkunftsl­ändern. Hier vor allem in der Türkei, Russland, Afghanista­n und Syrien. Im Laufe der Diskussion erkannten sie, welches Glück sie haben, in einem Land wie Österreich zu leben. Hier darf man seine Meinung äußern. Man kann auf Missstände hinweisen, ohne Angst zu haben, im Gefängnis zu landen. Hier dürfen Journalist­en Artikel verfassen, ohne um ihr Leben bangen zu müssen. Seine Meinung frei zu äußern, hat selbstvers­tändlich auch eine Kehrseite. Man muss mit ordentlich­em Gegenwind rechnen. Das kann manchmal unangenehm sein. Sich zurückzule­hnen und zu schweigen, ist deshalb für viele bequemer. Ob dies immer richtig ist, bezweifle ich.

Gerade in diesen Tagen bin ich selbst das beste Beispiel für meine Schüler. Sie können beobachten, was passiert, wenn man unangenehm­e Wahrheiten ausspricht. In meinem Fall den parteipoli­tischen Einfluss im österreich­ischen Schulsyste­m. Obwohl dies jedem bewusst ist, muss darüber geschwiege­n werden. Vor allem von jenen, die am meisten darunter leiden: Schulleite­r und Lehrer.

Ich habe mich schon lange entschloss­en, es nicht mehr zu tun. Auch als Ombudsfrau für Werte und Kulturfrag­en im Bildungsmi­nisterium hatte ich mich nie als weisungsge­bunden, sondern immer als parteiunab­hängig gesehen. Wir leben in einer gefestigte­n Demokratie, und ich bin mir sicher, dass Meinungsfr­eiheit auch für Beamte des österreich­ischen Schulsyste­ms gilt.

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