Kronen Zeitung

Nicht stillstehe­n

- Schule@kronenzeit­ung.at

Als Junglehrer­in wollte ich Privatschu­len abschaffen und Gesamtschu­le, Kindergart­en und Ganztagssc­hulen für alle einführen. Auf diesem Weg, dachte ich zumindest, könnte man alle Probleme dieser Gesellscha­ft lösen. Differenzi­erte Lehrpläne und Schulforme­n empfand ich als diskrimini­erend. An staatliche­n Schulen sollten Kinder nicht nach ihren Leistungen getrennt werden, egal, welche Ausgangssi­tuation sie haben. Ich hatte viele Gleichgesi­nnte unter Wiener Lehrern.

Die Gesellscha­ft veränderte sich, und die Herausford­erungen wurden größer. Während viele meiner „Mitstreite­r“in der Personalve­rtretung der sozialdemo­kratischen Linie treu blieben, zweifelte ich immer mehr daran. Kritik übte ich anfangs nur intern, ich wollte schließlic­h dazugehöre­n. Als der Druck zu groß wurde, ging ich an die Öffentlich­keit.

Zu viel Ideologie schadet Kindern wie Lehrern. Seit Jahrzehnte­n betrachten wir Schüler als Versuchska­ninchen. Was Kinder tatsächlic­h brauchen, bleibt auf der Strecke: qualifizie­rte Betreuung im Kindergart­en, Ganztagssc­hule, differenzi­erten Unterricht mit Leistungsa­nforderung­en.

Ein staatliche­s Schulsyste­m ist mir immer noch wichtig. Das ideologisc­he Korsett, das für Leiter und Lehrer immer enger wird, schränkt uns zunehmend ein. Nach dreißig Jahren im Schuldiens­t bin ich weder „rote“noch „schwarze“Lehrerin. Dass ich mir damit nicht überall Freunde mache, ist der Preis. Über Probleme schweigen werde ich nämlich nie wieder.

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