Das Erbstück in der Baugrube
Jetzt sagn S ma amal ehrlich“, sagte Herr Viktor E. zu einem Straßenarbeiter, dem er eine Viertelstunde lang bei seiner Tätigkeit zugesehen hatte. „Jetzt sagn S ma amal ehrlich: Wegn was grabts es de Straßn scho wieder auf? Im Mai habts aufgrissn, im Juli zuagschütt, und jetzt schaut des Trottoir scho wieder aus wia a Schützngrabn an der Isonzofront.“
Arbeiter Karl G., der gerade Frühstückspause machte, hatte anscheinend Lust zu einer kleinen Unterhaltung. Jedenfalls blickte er sich geheimnisvoll um und sagte dann:
„Jetzt, wo der Vurarbeiter grad auf Mittagspause is, kann is Ihna ja sagn, warum ma wieder alles aufreißen: Unser Polier, der Benesch, is a Pfeifenraucher, und im Juli, wia ma de Straßn offn ghabt habn, is eahm sei Pfeifnstierer in Grabn gfalln.
Es war a Erbstückl von sein
Vatern, und unser Polier hat si so kränkt, wia er sein Pfeifnstierer nimmer gfundn hat und mir zuagschütt habn, dass er seitn Juli in Kranknstand is.
Zugegeben, er hat a psychisches Problem, aber sunst is er a gscheiter und lieber Kerl. Wir schätzen eahm aber sehr.
Jetzt is in Altn zbled wurdn. ,Reißts de Gassn no amal auf!‘, hat er gsagt, ,damit in Benesch sei Pfeifnstierer wieder herkummt. I brauch den Benesch wia a Stückl Brot.‘
Drum hamma jetzt de Seitn no amal aufgmacht: Der Benesch waß aber net genau, wo er sein Pfeifnstierer anbaut hat. Mir werdn deshalb gezwungen sein, de ganze Gassn no amal aufzreißn. So lad es uns tuat.“
Herr E., der wortlos zugehört hatte, nickte einige Male und ging dann in Gedanken versunken weiter.
In zwanzig Meter Entfernung blieb er stehen und schrie zurück: „Bleder Bua! Wannst mi häkeln wüllst, muasst früher aufstehn! A . . . , depperts!“Die Beschimpfung hörte der zurückkehrende Vorarbeiter und bestand auf eine Anzeige.
Die Verhandlung gegen Herrn E. endete mit einem Freispruch wegen berechtigter Erregung.
„Wegen was de Leit immer vur Gericht gehn – unglaublich! Schad ums Geld um schad um de Zeit eigentlich. Da könnt ma Schöneres damit anstelln!“