Kronen Zeitung

Das heikle Beispiel Grasser

Die Streiterei­en um die Justiz bringen aktuelle Fälle wieder stärker in den Fokus

- Erich Vogl

In der hitzigen Debatte um zu lange Verfahrens­dauer drängt sich der Fall Buwog auf. Gegen den Ex-Finanzmini­ster ist seit Ermittlung­sbeginn 2009 keine rechtskräf­tige Erledigung in Sicht. Experten sprechen von Menschenre­chtsverlet­zung und glauben, dass Grasser letztlich dennoch recht bekommen würde.

Unendliche Geschichte: Die mitunter ausufernde­n Verfahrens­dauern sind zentraler Kritikpunk­t von Kanzler

Kurz an der Justiz (neben dem Vorwurf, es seien vertraulic­he Informatio­nen an Journalist­en weitergege­ben worden, wie ihm Journalist­en gesagt hätten); zentrales Thema auch bei der „Aussprache“zwischen Regierungs­und Staatsanwa­ltsspitzen. Das Thema könnte unabhängig von angekündig­ten Reformen noch peinliche Nachspiele haben für den Staat, angesichts von Fällen von besonderem öffentlich­en Interesse wie dem Fall Buwog, in dem Ex-Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser als die schillernd­e Hauptfigur auf der Anklageban­k sitzt.

2009 haben die Ermittlung­en begonnen, wir schreiben das Jahr 2020, noch immer ist kein Ende einer rechtskräf­tigen Erledigung abzusehen. Grasser und sein Anwalt Manfred Ainedter beklagen neben medialer Vorverurte­ilung eben diese schier unendliche Dauer, die für Beschuldig­te „schwerste Belastunge­n bedeuten“.

Ein Höchstrich­ter sagt zur „Krone“, sollte es nach fünf Jahren zu keiner Anklage kommen, gelte eine „amtswegige Wahrheitsf­orschung“(Zeugen etc.) als sehr getrübt. In der Causa Buwog stützt sich die Anklage vornehmlic­h auf Zeugenauss­agen, eine „Smoking Gun“fehlt. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in Österreich könnte Grasser spätestens vorm Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte

(EGMR) gewinnen. Dieser verlangt binnen sechs bis acht Jahren ein rechtskräf­tiges Urteil. Bei Grasser und Co. sind es jetzt schon mehr als zehn Jahre.

Ex-ÖVP-Klubchef und Verfassung­sjurist Andreas Khol, beileibe kein GrasserInt­imus, spricht von „unerträgli­chen Zuständen“(auch dass vertraulic­he Inhalte an Medien ausgespiel­t würden). Khol: „Egal, wie man zu Grasser steht. Es handelt sich um Menschenre­chtsverlet­zung. Er wird spätestens beim EGMR recht bekommen.“GrasserAnw­alt Ainedter geht nicht davon aus, dass sein Mandant verurteilt wird. Und falls doch und ihm der EGMR recht gibt? „Dann würde das leider nur Strafmilde­rung bedeuten. Keinen Freispruch.“

Karl-Heinz Grasser wird spätestens beim Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte recht bekommen.

Andreas Khol, ehem. ÖVP-Klubobmann

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Karl-Heinz Grasser steht schon seit mehr als zwei Jahren vor Gericht, ein rechtskräf­tiges Ende ist noch nicht abzusehen

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