Kronen Zeitung

Zurück hinter die Schallmaue­r

Draken, Tiger, Eurofighte­r: Seit 1988 leistet sich die Republik Kampfjets, die schneller als der Schall sind. Dieser Mehrwert ist teuer erkauft. Doch ist er auch notwendig?

- PAUL TIKAL

Seit dem Jahr 1988 leistet sich die Republik Österreich Kampfjets, die schneller als der Schall fliegen. Dieser Mehrwert ist teuer erkauft. Doch ist er auch notwendig – oder reichen Jets, die diesen Knall nicht auslösen? Die „Krone“hat sich die Alternativ­en zum Eurofighte­r angeschaut.

Eines vorweg: Der Eurofighte­r wird noch länger über Österreich donnern. Die 2007 eingeführt­en Jets sind abbezahlt und haben erst ein Drittel ihrer Lebenszeit erreicht. Piloten wie Techniker wurden teuer ausgebilde­t. Ihn von heute auf morgen stillzuleg­en, wäre wirtschaft­licher Wahnsinn.

Doch nach einer Nachfolgel­ösung wird längst gesucht: Mit Airbus gibt es aktuell massive Verwerfung­en, das Trainerflu­gzeug Saab 105 darf ab 2021 nicht mehr fliegen. Doch wollen wir uns weiterhin teure Überschall­jets leisten? Die „Krone“analysiert.

Was bedeutet Überschall­flug eigentlich?

Schall breitet sich je nach Temperatur mit rund 1220 km/h aus, in großer Höhe etwas langsamer. Nähert sich ein Jet dieser Geschwindi­gkeit, verdichtet sich die Luft vor ihm, das Flugzeug „steht an der Schallmaue­r an“. Erst durch eine spezielle Bauform und starke Triebwerke kann sie überwunden werden, der Betrieb solcher Flugzeuge ist aber teuer.

Wovon reden wir?

Die Flugstunde eines Überschall-Jets kostet konservati­v gerechnet mit 30.000 Euro rund zehnmal soviel wie die eines modernen Unterschal­l-Jets.

Wann macht Überschall­flug Sinn?

Im Aufklärung­seinsatz, im Kampfeinsa­tz gegen an

dere, schnelle Jets, oder allgemein in Konfliktsi­tuationen, um schneller in oder aus Gefahrenge­bieten zu kommen.

Wofür nutzt das Heer seine Überschall-Fähigkeite­n?

In Ausnahmefä­llen, um Passagierf­lugzeuge zu identifizi­eren, die sich meist aufgrund von Pilotenfeh­lern nicht am Funk melden („Commloss“) und nur kurze Zeit über dem Staatsgebi­et verbringen. Meist genügt aber die Vorwarnzei­t des sehr weit reichenden „Goldhaube“-Radars (siehe Grafik), um auch im Unterschal­lbereich ohne lautem Überschall­knall am Boden die Maschinen abfangen zu können.

Und wenn fremde Militärflu­gzeuge Österreich überfliege­n?

Dann tun sie das ebenfalls im Unterschal­l-Bereich. „Die Flüge sind lange im Vorhinein angemeldet. Um Nachschau zu halten, ob tatsächlic­h die angemeldet­en Maschinen – wie vorgesehen ohne Bewaffnung – das Staatsgebi­et überqueren, reicht ein Unterschal­l-Einsatz“, erklärt Luftfahrte­xperte Georg Mader im „Krone“-Gespräch. „Einzelne Extremfäll­e von schnell fliegenden Flugzeugen, die nur ein kurzes Stück über Österreich ,abschneide­n‘, wird man mit Unterschal­lJets allerdings nicht erreichen.“

Geht es also auch ohne Eurofighte­r?

Aus Sicht des Steuerzahl­ers wäre es unklug, die bereits abbezahlte­n Kampfjets überstürzt stillzuleg­en. Mittelfris­tig aber könnte parallel zum Eurofighte­r-Betrieb der Umstieg auf eine moderne, günstige Unterschal­l-Alternativ­e angestrebt werden, wie etwa auf die vielzitier­te M346 aus Italien (siehe unten). Mit dem Ziel, in zehn, 20 Jahren nur noch ein günstiges, dafür etwas langsamere­s System an den beiden Standorten Zeltweg und Hörsching zu betreiben.

Und die Politik?

Die entscheide­t. „Für uns Soldaten ist es einfacher“, sagt Bundesheer-Sprecher Oberst Michael Bauer. „Wir sind gewohnt, zu gehorchen. Wir fliegen das Gerät, das man uns gibt.“

„Einzelne Extremfäll­e wird man mit Unterschal­l-Jets nicht abfangen können. Aber das ist eine Abwägung, die die Politik treffen muss.“

Georg Mader, internatio­naler Luftfahrte­xperte

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 ??  ?? Von Sarajewo bis nach Südpolen: Das internatio­nal vielbeacht­ete Radarsyste­m „Goldhaube“entdeckt Flugzeuge lange, bevor sie in den österreich­ischen Luftraum eindringen – und kann auch langsamere Abfang-Jets entspreche­nd früh alarmieren.
Von Sarajewo bis nach Südpolen: Das internatio­nal vielbeacht­ete Radarsyste­m „Goldhaube“entdeckt Flugzeuge lange, bevor sie in den österreich­ischen Luftraum eindringen – und kann auch langsamere Abfang-Jets entspreche­nd früh alarmieren.
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