Nationales Hemd oder Europa-Frack?
Die zähen Verhandlungen rund um das neue EU-Budget unterstreichen, wie mühsam der Weg zu einem gemeinsamen Europa ist. Natürlich, es geht um unglaublich viele Milliarden Euro, aber vor allem geht es auch um den Stolz und das Prestige der angereisten Politiker: Fast jedem von ihnen ist das nationale Hemd näher als ein neuer Europa-Frack. Sprich: Jeder will wieder von Brüssel heimkommen und erklären können, wie toll er/sie für das eigene Land gekämpft hat und was man daher jetzt an erfreulichen Nachrichten servieren kann.
Abgebrühte EU-Profis wissen um dieses Phänomen, und so versuchen sie, für jedes Land quasi „Gutpunkte“vorzusehen, mit denen dann die jeweilige Regierung auftrumpfen kann.
Bei Österreich war die Strategie von Anfang an klar, so wenig Erhöhung wie möglich, lautete die Devise, klugerweise in Absprache mit anderen Nettozahler-Ländern. Und den Extra-Rabatt wollten wir halt auch nicht verlieren.
Der Verhandlungsmarathon in Brüssel verdeckt, um welch ehrgeiziges Vorhaben es sich bei einer möglichst gemeinsamen EU handelt. Wo sind die europäischen „Leuchttürme“im Vergleich zu den schnellen nationalen Verhandlungserfolgen?
Dabei hat der Kontinent viel zu bieten: Nur sieben Prozent der Weltbürger sind Europäer, sie erbringen rund ein Viertel der Weltwirtschaftsleistung, zahlen jedoch die Hälfte (!) aller weltweiten Ausgaben für Soziales und Umweltschutz. Eigentlich ein PowerPack, wenn, ja, wenn das nationale Hemd nicht regelmäßig gegen den EU-Frack gewinnen würde . . .