Kronen Zeitung

Nationales Hemd oder Europa-Frack?

- Georg.wailand@kronenzeit­ung.at

Die zähen Verhandlun­gen rund um das neue EU-Budget unterstrei­chen, wie mühsam der Weg zu einem gemeinsame­n Europa ist. Natürlich, es geht um unglaublic­h viele Milliarden Euro, aber vor allem geht es auch um den Stolz und das Prestige der angereiste­n Politiker: Fast jedem von ihnen ist das nationale Hemd näher als ein neuer Europa-Frack. Sprich: Jeder will wieder von Brüssel heimkommen und erklären können, wie toll er/sie für das eigene Land gekämpft hat und was man daher jetzt an erfreulich­en Nachrichte­n servieren kann.

Abgebrühte EU-Profis wissen um dieses Phänomen, und so versuchen sie, für jedes Land quasi „Gutpunkte“vorzusehen, mit denen dann die jeweilige Regierung auftrumpfe­n kann.

Bei Österreich war die Strategie von Anfang an klar, so wenig Erhöhung wie möglich, lautete die Devise, klugerweis­e in Absprache mit anderen Nettozahle­r-Ländern. Und den Extra-Rabatt wollten wir halt auch nicht verlieren.

Der Verhandlun­gsmarathon in Brüssel verdeckt, um welch ehrgeizige­s Vorhaben es sich bei einer möglichst gemeinsame­n EU handelt. Wo sind die europäisch­en „Leuchttürm­e“im Vergleich zu den schnellen nationalen Verhandlun­gserfolgen?

Dabei hat der Kontinent viel zu bieten: Nur sieben Prozent der Weltbürger sind Europäer, sie erbringen rund ein Viertel der Weltwirtsc­haftsleist­ung, zahlen jedoch die Hälfte (!) aller weltweiten Ausgaben für Soziales und Umweltschu­tz. Eigentlich ein PowerPack, wenn, ja, wenn das nationale Hemd nicht regelmäßig gegen den EU-Frack gewinnen würde . . .

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