Qualen ohne Ende
Burg: Shakespeare, vermantscht
Unbestritten spielen „Othello“und „Der Kaufmann von Venedig“am nämlichen Ort. Als Regiekonzept ist dieses Faktum freilich dünn, wovon das Burgtheater-Projekt „This is Venice“Zeugnis ablegt. Die Ausgeburt dramaturgischen Flachdenkens zieht unter dem Zugriff des Regisseurs Sebastian Nübling bloß wirres, endlos fades Schreitheater nach sich.
Wann der Burg zuletzt ein großer „Othello“, ein großer „Kaufmann“gelungen ist? Da muss man die Blütezeit vor 30 Jahren aufrufen, deren Protagonist der Farben- und Geheimnisspieler Gert Voss war. Wenn Othellos Schminke auf Desdemona abzufärben begann, so dass er ein wenig weißer und sie ein wenig schwärzer wurde: Da wagte kein Gehirndefizitär, Voss oder den Regisseur George Tabori d esB lackfacings zu bezichtigen. Oder sein Shylock unter Peter Zadek: einer, der so fremd war, dass er alles Jüdisch ea bgelegt hatte, während er sich unter der Maske aus Eis in einen Teufel verwandel te– einen armen.
Keiner hätte damals das Soziologenkauderwelsch der Bearbeiterinnen Elisabeth Bronfen und Muriel Gerstner auch nur im Programmheft geduldet (von der wirren, blamabel spracharmen Bearbeitung ganz zu schweigen). „Marode patriarchal e un d rassistische Strukturen“? Ja, eh, das wusste man schon vorher, auch, dass beide Werke in Venedig spielen. An der Burg sieht man ein lärmendes, flaches Konglomerat aus beiden: Hier regiert Thesenrambazamba, Endloskarneva l, mehr Mainz und Villach als Venedig. Othello (Roland Koch) existiert kaum, Itay Tiran (Shylock) gar nicht, Norman Hacker (Jago) am ehesten. Könner sind in der Etappe vergraben. Hier erhebt die Provinz ihr hässliches Haupt.