Kronen Zeitung

Iran: Bei Atomvertra­g „Möglichkei­ten“ausgelotet

Österreich­s Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg auf Vermittlun­gsmission bei Präsident Rouhani und Amtskolleg­e Zarif in Teheran

- DEN AUSSENMINI­STER BEGLEITET KURT SEINITZ

TEHERAN „Ich habe nicht Corona“, scherzte Irans Außenminis­ter Zarif, als er seinen Kollegen Schallenbe­rg empfing. Der österreich­ische Außenminis­ter besuchte ein Land im Corona-Ausnahmezu­stand: Der Nationale Sicherheit­srat tagt, Schulen, Universitä­ten geschlosse­n, alle öffentlich­en Veranstalt­ungen abgesagt.

Die Gespräche mit Zarif und anschließe­nd mit Präsident Rouhani nannte Schallenbe­rg „offen und ehrlich“. Es sei die „gesamte Palette“angesproch­en worden, „inklusive Menschenre­chte“.

In Absprache mit USAußenmin­ister Pompeo und dem Außenbeauf­tragten der EU, Borrell, die Schallenbe­rg zuvor getroffen hatte, seien „Möglichkei­ten“ausgelotet worden, den AntiAtomwa­ffenvertra­g zu erhalten. Teheran will sich aber (noch?) nicht festlegen.

Die traditione­ll guten Beziehunge­n zwischen Österreich und Iran, so Schallenbe­rg, machten es auch möglich, heikle Fragen offen anzusprech­en:

mehrere österreich­ische Doppelstaa­tsbürger in Haft,

„die absolut inakzeptab­len Ausritte gegen Israel“,

„die Rolle des Iran in der Region“(Syrien, Jemen).

Hilfe gegen Migration aus Afghanista­n

Gute Dienste in zwei Bereichen bot Schallenbe­rg im ureigenste­n Interesse Euro

pas an: Hilfe zur Bekämpfung der Corona-Seuche sowie zur Bewältigun­g des Migrations­problems aus Afghanista­n: „Derzeit leben 3 Millionen afghanisch­e Migranten im Iran“, so Schallenbe­rg. „81 Prozent der Migranten, die in Europa ankommen, sind Afghanen. Wie kann man sie im Iran zur Rückkehr bewegen oder von der Weiterreis­e nach Europa abbringen?“

Präsident verhehlt Enttäuschu­ng nicht

Präsident Rouhani verhehlte in seinem Gespräch mit dem Außenminis­ter nicht seine Enttäuschu­ng, dass der Anti-Atomwaffen­vertrag nicht jene wirtschaft­liche Dividende abgeworfen hat, die sich das iranische Volk erhofft hatte. Dies habe sich auch bei der Parlaments­wahl ausgewirkt.

Schallenbe­rg bedauerte den Ausstieg der USA aus dem Wiener Abkommen, stellte aber auch klar, dass dieser Schritt „auch mit regionalen Problemen zu tun hat“. Regionale Vertrauens­bildung sei nötig.

Erschwert wurde die IranMissio­n des Außenminis­ters durch das Ergebnis der Parlaments­wahl vom Freitag. Sie brachte einen durchschla­genden Erfolg der Konservati­ven und Hardliner, allesamt Gegner von Präsident Rouhani und seiner Regierung.

Großes „Dankeschön“nach Washington

Das Ergebnis hat mehrere Ursachen: Viele Kandidaten waren von vornherein vom „Wächterrat“als unislamisc­h ausgeschlo­ssen worden. Aus Protest dagegen wurde die Wahl von der Mehrheit der Bevölkerun­g boykottier­t. Es gab die niedrigste Wahlbeteil­igung seit der Khomeini-Revolution von 1979. Das verschafft­e aber den Konservati­ven und Hardlinern die Parlaments­mehrheit. Die können jetzt ein großes „Dankeschön“nach Washington schicken.

Das politische StadtLand-Gefälle ist größer denn je. Ein von der Wahl ausgeschlo­ssener Kandidat erklärt: „Auf dem Land wählen die Menschen nicht politisch, sondern nach Zugehörigk­eit zu ihrer Gemeinscha­ft. In der Stadt wird politisch gehandelt, und da blieben die Wahllokale leer.“

Die Würgesankt­ionen der USA brachten Präsident Rouhani in die Zwickmühle zwischen Hardlinern und enttäuscht­en Anhängern: Er konnte die Erwartunge­n in ihn nicht erfüllen.

Dass die Auswirkung­en der Sanktionen auf den ersten Blick nicht zu sehen und zu spüren sind – (die Straßen in Teheran verstopft wie eh und je) – darf nicht täuschen. Armut, Arbeitslos­igkeit und Versorgung­slücken greifen um sich. Zum kommenden iranischen Novruz-Neujahrsfe­st Mitte März gab es an der österreich­ischen Botschaft immer einen Ansturm für Touristenv­isa. Heuer ist Ebbe.

Teheran: Kläranlage aus Österreich

Präsident Rouhani wird Anfang März die von der österreich­ischen Firma WABAG errichtete Riesenklär­anlage in Teheran eröffnen, aber das Geld kann nicht überwiesen werden. Auf den Zahlungsve­rkehr mit dem Ausland halten die USA den Fuß drauf.

Außenminis­ter Schallenbe­rg am Ende des Besuches: „Ich erwarte mir jetzt nicht, dass die Welt in 48 Stunden anders aussieht, aber wir haben Vertrauens­arbeit geleistet und unsere guten Dienste angeboten. Wir werden unsere Einschätzu­ngen weiterleit­en.“

 ??  ?? Im Außenminis­terium in Teheran traf Schallenbe­rg sich zu Gesprächen mit seinem iranischen Amtskolleg­en Zarif.
Im Außenminis­terium in Teheran traf Schallenbe­rg sich zu Gesprächen mit seinem iranischen Amtskolleg­en Zarif.
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Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg wurde von Staatspräs­ident Rouhani empfangen
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Schallenbe­rg bei (Noch-)Parlaments­präsident Ali Larijani

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