Kronen Zeitung

Ein Besuch auf Sultans-Art

- Kurt.seinitz@kronenzeit­ung.at

Der Besucher hat polternd, wie es seine Art ist, an der Tür angeklopft: 13.000 Flüchtling­e an der EU-Grenze als nicht mehr zu überhörend­es Argument – und die EU hat dem Sultan die Tür geöffnet.

Ist die EU in die Knie gegangen, oder bekommt Erdoğan in Brüssel ohnehin nur die von ihm immer schon gewünschte „Augenhöhe“mit Europa? Jedenfalls hat der Sultan die EU wachgerütt­elt.

Verantwort­ungsvolle Politik hat die Aufgabe, Auswege aus verfahrene­n Situatione­n zu finden. Die EU weiß, dass die Migrations­problemati­k mit der Türkei einer Neubewertu­ng bedarf. Und die kann nur mit Erdoğan erfolgen, weil es an Erdoğan vorbei keinen Weg gibt.

Die Türkei hat manche Argumente auf ihrer Seite, die auf mehr Verständni­s stoßen könnten, würde der Sultan nicht mit Erpressung, Drohungen und Ultimaten arbeiten. Sogar die Geldfrage wäre mit der EU leichter zu lösen als die Hürde des Defizits an Rechtsstaa­tlichkeit der Erdoğan-Türkei.

Erdoğan wird in Brüssel im Zusammenha­ng mit dem EU-Flüchtling­sdeal die Zusicherun­g der Visafreihe­it und anderer ähnlicher Maßnahmen anmahnen. Aber bei demokratis­chen Werten kann die EU so gut wie keine Kompromiss­e machen. Das liegt an ihren Genen, und diese Erfahrung machen auch Ungarn und Polen.

Erdoğan will der EU und die EU will dem Sultan die Augen öffnen. Man würde es 4 Millionen Kriegsflüc­htlingen wünschen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria