Ein Besuch auf Sultans-Art
Der Besucher hat polternd, wie es seine Art ist, an der Tür angeklopft: 13.000 Flüchtlinge an der EU-Grenze als nicht mehr zu überhörendes Argument – und die EU hat dem Sultan die Tür geöffnet.
Ist die EU in die Knie gegangen, oder bekommt Erdoğan in Brüssel ohnehin nur die von ihm immer schon gewünschte „Augenhöhe“mit Europa? Jedenfalls hat der Sultan die EU wachgerüttelt.
Verantwortungsvolle Politik hat die Aufgabe, Auswege aus verfahrenen Situationen zu finden. Die EU weiß, dass die Migrationsproblematik mit der Türkei einer Neubewertung bedarf. Und die kann nur mit Erdoğan erfolgen, weil es an Erdoğan vorbei keinen Weg gibt.
Die Türkei hat manche Argumente auf ihrer Seite, die auf mehr Verständnis stoßen könnten, würde der Sultan nicht mit Erpressung, Drohungen und Ultimaten arbeiten. Sogar die Geldfrage wäre mit der EU leichter zu lösen als die Hürde des Defizits an Rechtsstaatlichkeit der Erdoğan-Türkei.
Erdoğan wird in Brüssel im Zusammenhang mit dem EU-Flüchtlingsdeal die Zusicherung der Visafreiheit und anderer ähnlicher Maßnahmen anmahnen. Aber bei demokratischen Werten kann die EU so gut wie keine Kompromisse machen. Das liegt an ihren Genen, und diese Erfahrung machen auch Ungarn und Polen.
Erdoğan will der EU und die EU will dem Sultan die Augen öffnen. Man würde es 4 Millionen Kriegsflüchtlingen wünschen.