Willkommen in der Welt der Männer
Frauen schauen oft durch die Finger
LONDON. Nicht erforscht, vergessen oder ignoriert – die weiblichen Bedürfnisse sind in vielen Datensammlungen nicht berücksichtigt worden. Die britische Autorin Caroline Criado-Perez deckt in ihrem Buch „Unsichtbare Frauen“auf, in welchen Bereichen des Alltagsund Berufsleben Frauen durch die Finger schauen.
Wir schreiben das 21. Jahrhundert, und wir leben immer noch in einer Welt, gemacht für Männer.
Viele kennen dieses Bild: Im Büro sitzt der Kollege mit einem T-Shirt, während die Kollegin mit Pullover friert. Kälteempfinden ist geschlechterspezifisch, aber die allgemeine Raumtemperatur richtet sich nach dem Mann und beträgt 22 Grad Celsius. Frauen hingegen fühlen sich bei 25 Grad wohl, so Criado-Perez.
Aber der Gender-DataGap, wie ihn die Autorin nennt, kann auch tödlich sein. Testen Autohersteller die Funktionen von Airbags und anderen Schutzmechanismen eines Pkw, setzen sie Dummys hinter den Lenker, die einem männlichen Körper nachempfunden sind: 175 Zentimeter groß und 78 Kilo schwer. Nur wenige Unternehmen führen diese Untersuchungen zusätzlich mit einer 150 Zentimeter großen Puppe durch. Aber nur dadurch wird die Sicherheit der Frauen bei einem Unfall besser gewährleistet.
Der Mann ist Standard, die Frau ist die Abweichung – dieses Motto gilt ebenfalls bei Studien von Medikamenten. Kaum ein Pharmaunternehmen untersucht bei neuer Arznei die Auswirkungen auf den Zyklus der Frau. Außerdem werden Erektionsstörungen fünfmal häufiger erforscht als die sensible Zeit vor der Regelblutung.
Diese Aufzählungen sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem 494-seitigen Buch der Britin. Aber eines ist klar: Frauen müssen in der Erfassung von Daten präsenter werden.