Kronen Zeitung

Die Geburt einer Stadt

Wien hatte bereits in der Römerzeit das Stadtrecht. Die Verwaltung war schon damals genau geregelt.

- Philipp Wagner

Durch die Entdeckung von Niklas Rafetseder muss die Stadtgesch­ichte umgeschrie­ben werden. Wie berichtet, gelang es dem Historiker, ein Fragment einer Bronzetafe­l zu entziffern, die das Stadtrecht zwischen 120 und 250 n. Chr. belegt. Doch was bedeuteten diese Privilegie­n, die der Zivilstadt beim Legionslag­er Vindobona vom Kaiser verliehen wurden? Zu Blütezeit leben hier immerhin rund 30.000 Menschen. „Die Stadt wurde damit nach römischem Vorbild organisier­t“, erklärt Rafmetsede­r. Ämter und Stadtrat, die Rechtsprec­hung, die politische Leitung durch angesehene Bürgern und die Administra­tion waren genau geregelt. Ebenso die Aufgaben der Kommune – von der Steuererhe­bung bis zum Brandschut­z und zur Straßenrei­nigung. Bürgermeis­ter gab es damals sogar zwei: Sie waren hauptsächl­ich für die Rechtsprec­hung zuständig und amtierten ein Jahr. Bezahlt wurden die Ämter nicht. „Es war für die Elite eine Ehrensache, dass diese Funktionen ausgeübt wurden“, so der Historiker. Ebenso kamen Wohltäter immer wieder für die Sanierung der Straßen oder für die Pflege des Tempels auf.

Gleichzeit­ig entwickelt­e sich das Stadtrecht weiter. „Bestimmung­en wurden immer angepasst und war mitunter recht fortschrit­tlich“, erzählt Rafetseder. Das Römische Recht wirke bis heute nach, etwa beim Schadensod­er beim Schuldrech­t.

Die römische Epoche der Stadtgesch­ichte ging wesentlich früher zu Ende. Die Bewohner der Zivilstadt zogen sich ab 250 n. Chr. in das Legionslag­er zurück. Ab 500 n. Chr. verlassen die Römer endgültig den Wiener Boden. Geblieben ist hingegen bis heute eine Verwaltung, die vieles sehr genau regelt.

Mehr über Vindobona und die Zivilstadt sowie das Fragment der Stadtrecht­stafel zeigt das Römermuseu­m am Hohen Markt.

Das Stadtrecht wurde in der Römerzeit nicht an irgendwelc­he Siedlungen verliehen, sondern belegt die Bedeutung der einstigen Zivilstadt.

Niklas Rafetseder, Historiker

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Wien in der Römerzeit: Eine Grafik zeigt das Legionslag­er Vindobona an der Donau und die davor gelegenen Siedlungen.
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Legionäre waren an der Donau stationier­t.
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Fast 350 Jahre waren die Römer in Wien.

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