Die Geburt einer Stadt
Wien hatte bereits in der Römerzeit das Stadtrecht. Die Verwaltung war schon damals genau geregelt.
Durch die Entdeckung von Niklas Rafetseder muss die Stadtgeschichte umgeschrieben werden. Wie berichtet, gelang es dem Historiker, ein Fragment einer Bronzetafel zu entziffern, die das Stadtrecht zwischen 120 und 250 n. Chr. belegt. Doch was bedeuteten diese Privilegien, die der Zivilstadt beim Legionslager Vindobona vom Kaiser verliehen wurden? Zu Blütezeit leben hier immerhin rund 30.000 Menschen. „Die Stadt wurde damit nach römischem Vorbild organisiert“, erklärt Rafmetseder. Ämter und Stadtrat, die Rechtsprechung, die politische Leitung durch angesehene Bürgern und die Administration waren genau geregelt. Ebenso die Aufgaben der Kommune – von der Steuererhebung bis zum Brandschutz und zur Straßenreinigung. Bürgermeister gab es damals sogar zwei: Sie waren hauptsächlich für die Rechtsprechung zuständig und amtierten ein Jahr. Bezahlt wurden die Ämter nicht. „Es war für die Elite eine Ehrensache, dass diese Funktionen ausgeübt wurden“, so der Historiker. Ebenso kamen Wohltäter immer wieder für die Sanierung der Straßen oder für die Pflege des Tempels auf.
Gleichzeitig entwickelte sich das Stadtrecht weiter. „Bestimmungen wurden immer angepasst und war mitunter recht fortschrittlich“, erzählt Rafetseder. Das Römische Recht wirke bis heute nach, etwa beim Schadensoder beim Schuldrecht.
Die römische Epoche der Stadtgeschichte ging wesentlich früher zu Ende. Die Bewohner der Zivilstadt zogen sich ab 250 n. Chr. in das Legionslager zurück. Ab 500 n. Chr. verlassen die Römer endgültig den Wiener Boden. Geblieben ist hingegen bis heute eine Verwaltung, die vieles sehr genau regelt.
Mehr über Vindobona und die Zivilstadt sowie das Fragment der Stadtrechtstafel zeigt das Römermuseum am Hohen Markt.
Das Stadtrecht wurde in der Römerzeit nicht an irgendwelche Siedlungen verliehen, sondern belegt die Bedeutung der einstigen Zivilstadt.
Niklas Rafetseder, Historiker