Kronen Zeitung

Öffis als Quelle für eine zweite Welle?

Der öffentlich­e Verkehr wird bald auf Vollbetrie­b hochgefahr­en. Experten sehen Gefahren, Politik und Betriebe rüsten sich.

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Abstand halten. Starke Worte in diesem Jahr. Sie werden noch stärker, wenn die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel wieder Vollbetrie­b aufnehmen (ab 11. Mai soll es so weit sein) und die Schulen für alle aufsperren (4. Juni). Gesundheit­sminister Anschober meinte gestern, dass in Öffis künftig der Abstand von einem Meter auch unterschri­tten werden könne. Damit

widerspric­ht er der „Fahrgast-Charta“von Parteifreu­ndin und Klimaschut­zministeri­n Gewessler: ausreichen­d Distanz (das sagen auch die ÖBB). Da stellt sich die Frage: Werden Öffis zur Quelle für eine zweite Welle? „Es bestehen große Gefahren, wenn Leute eng an eng stehen“, sagt Virologe Christoph Steininger, der

Anschobers Vorstoß nicht nachvollzi­ehen kann. „Die Biologie hat sich nicht geändert. Das klingt nach österreich­ischer Lösung.“Die Regelungen der WHO seien eindeutig und sollten weiter gelten. Der Intensivme­diziner warnt: „US-Studien haben gezeigt, dass in geschlosse­nen Räumen wie U-Bahnen Viren bis zu 72 Stunden infektiös sind.“Epidemiolo­gin Eva Schernhamm­er sagt: „Risikogrup­pen sollten auf jeden Fall die Öffis meiden.“Sie schlägt Obergrenze­n bei Passagierz­ahlen vor ebenso wie Temperatur­scanner bei den Eingängen.

Die Wiener Linien „beobachten die Entwicklun­gen genau“, sagt ein Sprecher. „Wir haben beschränkt­e Fahrgastza­hlen, 120 Sicherheit­skräfte, die beim Einsteigen aufpassen. Zudem 200 Servicemit­arbeiter.“Auch sollen potenziell­e Virenstell­en wie Haltegriff­e speziell

gereinigt werden.

Bei Gefahr kann man die Notbremse ziehen

Und was passiert bei der Öffnung der Schulen? Es werde verschiede­ne Unterricht­sbeginnzei­ten geben, heißt es von den Wiener Linien und den Ministerie­n. Damit nicht alle zeitgleich die Öffis stürmen (das soll übrigens auch für die Arbeitnehm­er gelten). Virologe Steininger: „Ich habe immer gesagt, das Problem liegt weniger in den Schulen, sondern auf dem Schulweg“.

Die Initiative Pro Bahn fordert indes bargeldlos­e Ticketzahl­ung, Lohnerhöhu­ng der Verkehrs-Beschäftig­ten für die Corona-Phase sowie eigens ausgebilde­tes Sicherheit­spersonal statt Polizei.

Die Regierung wird sich sicher alles ganz genau anschauen. Denn, wie neulich Kanzler Kurz meinte: Man könne immer auch die Notbremse ziehen. In dem Fall ein sehr passendes Bild.

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Mundschutz und Distanz sind in Öffis besonders wichtig
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