Ein Prozesshansl
Mir habn se lang gwundert, warum der Navratil so gern klagn geht“, sagte ein Zeuge zum Bezirksrichter. „Jetzt wiss mas: Er steht gern in der Zeitung. Jedsmal, wenn er a Verhandlung hat, steht er am nächsten Tag in der Zeitung. Er schneidt se de Gschichten aus und rahmt ses ein; manchmal hat er a Pech, und statt Navratil steht nur ,Herr N.‘ in der Zeitung. Er hat sogar scho a Zeitung klagt, weil de statt Navratil nur ,Herr N.‘ gschriebn habn. Jetzt schreibns eahm meistens aus, obwohls net sein dürfert, und drum geht der Herr Navratil so gern klagn.
Unlängst geh i bei sein Geschäft vorbei, der Navratil handelt mit Altwaren, siech i, wia er grad a Schild aufhängt: ,Sonderpreisaktion‘. Halt, hab i ma denkt, des is gfährlich. Wenn er mit dem Schüld in de Zeitung kummt, hat er no umasunst a Reklam, der will bestimmt klagn, machst liaber an Bogn um eahm. I weich aus, kummt er ma entgegn und sagt: ,Sie weichn ma aus? Warum weichn S ma denn aus? Des untergräbt meinen Ruf, überhaupt jetzt, wo i a Sonderpreisaktion hab!‘
Sag i: ,Herr Navratil, ich wollt Sie nicht kränken. Ich wollt nur auf die andere Seitn gehn.‘
Mant er: ,Jetzt hab i Ihna! I kann durch Zeugen beweisen, dass Sie auf der andern Seitn nix verlurn habn. Sie wohnen net drüben, es gibt ka Gschäft vis-à-vis, und Se habn aa kane Verwandten drübn. Se werdns schwer habn, an Richter zu erklärn, warum Sie drübn gehn wolltn!‘ – Sag i: ,Könnt ma des bereinigen?‘
Mant er: ,Bei aller Toleranz: unmöglich! Sie sehn, i hab a Sonderpreisaktion. I hab Öfn, Tucherten und warmes Gwand bis auf 50% im Preis reduziert, weil der Winter vorbei is, und Sie weichn ma vur alle Leut aus? Das ist Geschäftsstörung!‘
I wollt eahm ohpaschn, springt er ma nach und sagt: ,Machn S kan Fluchtversuch, des schadt Ihna nur vor Gericht. I geh jetzt sofort klagn!‘ Den Moment is a Radlfahrer kumma, wollt in Navratil ausweichn und hat de Schreamsn, die Kurvn, nimmer derpackt. Jetzt steht der Navratil wieder in der Zeitung. A Masl, was der hat.“
Navratil (zu den Reportern: „Fotografierts mi vurm Gschäft!“) schenkte dem zu Sturz gekommenen Radfahrer ein Fahrrad.