571.477 Menschen haben keinen Job!
Dunkelziffer bei Corona-Infizierten sinkt, aber:
Der Bundespräsident hat mit seinen Ansprachen schon mehrfach mein Herz berührt. Mit der „Schönheit der Verfassung“, als eine Regierung nach der anderen auseinanderbrach, mit dem Satz „So sind wir nicht!“, als Ibiza uns alle in ein schlechtes Licht rückte, mit dem „seltsamen, schmerzvollen Frühling 2020“.
Sonntagabend hörte ich Alexander Van der Bellen sagen, dass das alles wirklich verdammt hart war und ist. Da gab ich ihm recht. Dann sprach er von der „bitteren Medizin“und dass man nun „vorsichtig optimistisch“sein könne, „denn die Medizin wirkt“. Hoffentlich, dachte ich, und wie das wohl die 571.477 Arbeitslosen sehen. Als der Bundespräsident Europa ins Spiel brachte, wurde ich skeptisch – und Skepsis verträgt sich nicht mit Berührbarkeit. Im Rückblick werde man erkennen, dass „Europa die Zeit genutzt hat“, man werde „zurück zum Wert der politischen Gemeinschaft finden“. Ich fing an, ihm nicht mehr recht zu glauben. Auch sein Aufruf zur Zuversicht schien mir etwas verfrüht: „So sind wir. Und deshalb kriegen wir das hin.“
Sind wir so? Vor den Möbelhäusern und in den Einkaufsstraßen sah es am langen Wochenende nicht so aus. Schlangen vor den Konsumtempeln, RudelAusflüge ins Grüne, eine Drogen-Party, kaum Babyelefanten. Ja, die Bevölkerung hat eine bittere Medizin geschluckt. Aber diese Medizin wird umsonst gewesen sein, wenn sich weiterhin viel zu viele ins Getümmel stürzen, als wäre alles nur ein böser Traum gewesen.