Kronen Zeitung

Frau wollte ihren Peiniger töten

Rachefeldz­ug mit einem Messer nach Vergewalti­gung in den 1990-er Jahren:

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Missbrauch­t als Kind, jahrelang. Als sie sich traut, etwas zu sagen, sind die Vorwürfe verjährt. Aber Schadeners­atz wird ihr zweitinsta­nzlich zugesproch­en. Für die traumatisi­erte Frau kein Trost: Bewaffnet steht sie letztlich vor der Tür ihres Peinigers. Als der nicht öffnet, geht sie wieder – Prozess wegen Mordversuc­h!

„Das möchte kein Mensch erleben, was Ihnen in Ihrer Jugend widerfahre­n ist“, sagt Richter Martin Mitteregge­r jetzt im Gericht in Feldkirch (Vorarlberg).

Es war der Arbeitskol­lege des Vaters, heute 81 Jahre alt, der die Frau jahrelang sexuell missbrauch­t haben soll, als sie zwischen sieben und elf Jahre alt war. Sie schwieg lange, kämpfte gegen wachsende psychische Probleme an, Selbstmord­versuche inklusive.

Erst Ende der 1990er-Jahre kam es zur Anzeige. Das Verfahren bei der Staatsanwa­ltschaft Feldkirch (Vorarlberg) wurde aber eingestell­t – die Vorwürfe waren damals verjährt. In einem Zivilproze­ss wurde der Mann jedoch in zweiter Instanz rechtskräf­tig zur Zahlung von 750.000 Schilling (rund 54.500 Euro) Schadeners­atz verurteilt.

Für die heute 49-Jährige war das kein Trost. Im Juli 2019 soll sie mit einem Messer bewaffnet vor der Tür des 81-Jährigen gestanden sein. Sie läutete. Doch er hörte die Klingel nicht und öffnete nicht. Da drehte sie sich um und ging wieder. Verteidige­r Christoph Dorner sieht darin den freiwillig­en Rücktritt vom Mordversuc­h. Die Geschworen­en können diese Meinung nicht teilen: Schuldspru­ch, nicht rechtskräf­tig.

Weil die Angeklagte zum Tatzeitpun­kt nicht zurechnung­sfähig war, verfügt das Gericht die bedingte Einweisung in die Psychiatri­e. Derzeit befindet sich die Frau in Behandlung. In drei Wochen wird sie unter Auflagen entlassen.

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Die Vorarlberg­erin stand bewaffnet vor Tür (Symbolfoto)

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