Kronen Zeitung

Das Rätsel um Ariadna: Vermisst seit 10 Tagen

Sie hatte behauptet, sich mit ihrem Freund zu treffen. Doch das war eine Lüge. Wohin ging die 19-jährige Schülerin tatsächlic­h, als sie am Abend des 11. Mai ihre Wiener Wohnung verließ? In der „Krone“spricht nun die verzweifel­te Schwester des Mädchens.

- MARTINA PREWEIN

Sie wirkt unendlich traurig, Tränen laufen aus ihren Augen. „Ich weiß nicht mehr“, schluchzt Doina Procopciuc, „was ich denken, was ich glauben soll. Und dauernd hoffe ich, dass das alles nur ein Albtraum ist.“

Das alles ...

Seit dem 11. Mai gilt ihre Schwester Ariadna (19) als vermisst. „Lebt sie noch, ist sie längst tot? Wurde sie von einem Wahnsinnig­en entführt, wird sie gequält? Das sind die Fragen, die ständig in meinem Kopf sind.“

Dass sich das Mädchen freiwillig abgesetzt haben könnte, schließt die 25-Jährige aus: „Das würde überhaupt nicht zu ihr passen.“

Doina, erzählen Sie über Ihre Schwester ...

„Sie ist ein wunderbare­r Mensch. Einfühlsam, zuverlässi­g, klug, humorvoll – ein richtiger Goldschatz.“Die beiden jungen Frauen stammen aus Moldawien. „Wir wuchsen dort in behüteten Verhältnis­sen auf.“Der Vater und die Mutter sind Anwälte.

Warum die Übersiedel­ung der Kinder nach Österreich?

„Sie war in einen Schulkolle­gen verliebt“

„Ich begann hier vor ein paar Jahren an der MusikUni Kompositio­n zu studieren. Bald kam dann Ariadna nach“, und besuchte fortan ein Gymnasium in Wien-Favoriten, „kürzlich zog auch unsere jüngste Schwester – sie ist 16 – zu uns. Unsere Eltern wollten uns einfach die besten Ausbildung­en ermögliche­n.“

Die Töchter enttäuscht­en sie nicht. Lernten fleißig.

Führten, betreut von Tür an Tür lebenden Verwandten, ein ruhiges Dasein; in einer kleinen Wohnung in der Jahngasse in Wien-Margareten: „Wir kochten gerne, besuchten manchmal ein Café oder ein Kino. In den vergangene­n Wochen sind wir wegen Corona ohnehin kaum draußen gewesen.“

Was hat Ariadna zuletzt besonders beschäftig­t?

„Sie erzählte oft über einen Schulkolle­gen, in den sie sich verliebt hatte.“Knapp vor dem Lockdown sei das geschehen; die beiden Jugendlich­en trafen sich zweimal zum Spaziereng­ehen und schrieben einander häufig per WhatsApp.

Am 11. Mai, einem Montag, um 21 Uhr – so hatte die 19-Jährige ihren Schwestern berichtet – hätte angeblich ein weiteres Rendezvous mit

dem Burschen stattfinde­n sollen.

„Ich freute mich für Ariadna, machte ihr am Wochenende davor Gesichtsma­sken, sie wollte bei dem Date hübsch aussehen.“

Und ja, „an ihrem ,großen Tag‘ schien sie extrem happy. Zu Mittag aßen wir ihre Leibspeise – Huhn mit Pommes –, danach lernten wir, später sahen wir Musikvideo­s an.“

„Sie hat geschwinde­lt – aber warum?“

Um etwa 20.40 Uhr verließ Ariadna – bekleidet mit einem schwarzen Rollkragen­pulli, darüber ein schwarz-weiß gestreifte­s TShirt, in schwarzen Hosen und Sneakers, das lange Haar zu Locken gedreht – die Schwestern-WG.

„Spätestens um 23 Uhr hätte sie sie wieder daheim sein sollen.“

Als es Mitternach­t und die 19-Jährige noch immer nicht zu Hause war, wurde Doina unruhig: „Ich rief sie ständig an, doch es lief nur die Mobilbox.“

Über Instagram gelang es der Studentin schließlic­h, Ariadnas Freund zu kontak

tieren: „Er sagte, er wäre am 6. Mai zum letzten Mal mit ihr in Verbindung gewesen.“

Eine Anzeige bei der Polizei, die Vernehmung des Burschen. Seine Angaben wirken glaubwürdi­g.

Befragunge­n im Umfeld der Vermissten. Kein Hinweis, was mit der Schülerin geschehen sein könnte.

„Also begann ich, privat Nachforsch­ungen anzustelle­n. Über die Vernetzung ihres Handys mit Google fand ich heraus, wo Ariadna am Abend des 11. Mai tatsächlic­h gewesen ist.“

In Wien-Floridsdor­f – in einer Gegend, in der niemand aus ihrem Bekanntenk­reis

wohnt; zu der sie keinerlei Bezug hatte.

Oder doch? Bereits am 13. März war sie nämlich schon einmal dort. Damals hatte sie ihrer Schwester von einer Verabredun­g mit ihrem Freund in der Nähe ihrer Schule – also am anderen Ende der Stadt – erzählt. Doch dieses Treffen hat nicht stattgefun­den, wie Chat-Protokolle belegen.

Die letzten Spuren des Mädchens

Österreich-findet-euch-Mitarbeite­r von suchhund.eu suchten mittlerwei­le mit Spürhunden nach der 19Jährigen. „Die Tiere haben“, so Christian Mader, der Leiter des Vereins, „den Geruch des Mädchens von der Jahngasse bis zur Wiedner Hauptstraß­e – und auf einem Parkplatz in der Nähe der Floridsdor­fer Brücke erschnüffe­lt.“

Hatte Ariadna ein Geheimnis? Hatte sie – sonst wenig interessie­rt an sozialen Medien – über eine Online-Game-Seite, wo sie mitunter an harmlosen Strategies­pielen teilnahm, mit irgendeine­m anderen User regelmäßig kommunizie­rt?

„Vielleicht schon seit Langem?“, fragt Doina, und: „War meine Schwester am 11. Mai mit diesem Unbekannte­n – so es ihn gibt – unterwegs?“

Das Landeskrim­inalamt ermittelt nun in dem mysteriöse­n Vermissten­fall.

Ein Verbrechen wird nicht ausgeschlo­ssen. Und genauso wenig, dass die 19-Jährige Selbstmord begangen, sich in die Donau gestürzt haben könnte.

„Aber warum hätte sie das tun sollen?“, schluchzt ihre Schwester: „Denn sie hatte doch so tolle Pläne. Sie wollte nach der Matura Pilotin werden und durch ihren Beruf die ganze Welt kennenlern­en. Wirklich, Ariadna schien glücklich zu sein ...“

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Christian Mader, Leiter des Vereins Österreich findet euch. Auch er und seine Mitarbeite­r suchen nach Hinweisen.
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Constantin-Adrian Nitu, der Anwalt der Familie des Mädchens: „Die Kripo arbeitet intensiv an dem Fall.“
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Ariadnas Schwester Doina: „Mein Leben ist zu einem Albtraum geworden.“
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 ??  ?? Ariadna-Beatricie Procopciuc ist seit dem 11. Mai abgängig. Sie trug damals weder Geld noch einen Ausweis bei sich.
Ariadna-Beatricie Procopciuc ist seit dem 11. Mai abgängig. Sie trug damals weder Geld noch einen Ausweis bei sich.
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Die Schülerin mit ihren Eltern, in ihrer Heimat Moldawien
 ??  ?? Suchhunde erschnüffe­lten auf einem Parkplatz in der Nähe der Floridsdor­fer Brücke den Geruch des Mädchens.
Suchhunde erschnüffe­lten auf einem Parkplatz in der Nähe der Floridsdor­fer Brücke den Geruch des Mädchens.

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