Der Zauber der Entzauberung
Durch den Corona-Ausnahmezustand wurde das bisher so perfekte Leben innerhalb der sozialen Medien endgültig entzaubert. Die sich Tag für Tag inszenierenden Influencer hatten plötzlich große Schwierigkeiten, den Lockdown in den eigenen vier Wänden als fantastischen Moment darzustellen. Während der Corona-Pandemie hat sich in den sozialen Netzwerken eine Form von Inhalt etabliert – der sogenannte Quarantäne-Content. Individuelle Leiden und Herausforderungen wurden zu gemeinsamen Geschichten. An die Stelle von oberflächlicher Selbstinszenierung treten nun ehrliche, persönliche und menschlich berührende Erfahrungen aus dem Lockdown.
Ich habe in der vergangenen Zeit nur noch sehr wenig der sonst so vorherrschenden Oberflächlichkeitskultur auf Facebook oder Instagram gesehen.
Die spannende Frage ist jetzt, ob sich durch die Corona-Krise auch unsere Rezeption von sozialen Medien nachhaltig ändern wird. Die Strategie der egozentrischen Selbstdarsteller wird nach der Pandemie weniger Effekte erzeugen können, weil wir authentische Menschen und ihre Geschichten auch im digitalen Leben bevorzugen. Bestes Beispiel dafür ist etwa das viral gegangene Video einer Trainerin, die während eines digitalen Sport-Kurses von ihrer Katze geärgert wird und das Gleichgewicht verliert.
Die Zukunft der sozialen Medien ist humaner und sozialer als je zuvor. So hat auch diese Krise etwas Gutes.