Wie teuer ist die Solidarität?
EU-Experten warnen vor zu hohen Krediten Kurz hat Position abgesteckt
WIEN/BRÜSSEL Angela Merkel, Emmanuel Macron, Sebastian Kurz und die „Sparsamen“führen anhand des „Wiederaufbaufonds“einen Machtkampf um den Führungsanspruch in der EU. Der Preis könnte das Ende der europäischen Solidarität sein.
Am Mittwoch soll in Brüssel ein Kompromiss gefunden werden. Die „sparsamen Vier“haben ihre Maximalposition abgesteckt, ebenso Frankreich und Deutschland. Das gehört zu den Spielregeln europäischer Verhandlungen, diese sind auch in Zeiten der Pandemie nicht außer Kraft gesetzt. Merkels und Macrons Plan muss man nicht folgen, ganz im Gegenteil. Und man darf auch den Führungsanspruch der beiden ablehnen, wie es Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande tun. Kanzler Kurz treibt jedoch mit seiner Vorgehensweise den politischen Preis in die Höhe. Damit riskiert er größere Risse im europäischen Zusammenhalt und einen Kollaps des Euroraums.
Vor der heutigen CDUFraktionssitzung hört man deswegen Missmut aus der deutschen Kanzlerpartei und ÖVP-Schwesterpartei. 2012 konnte die EZB den Zusammenbruch des Eurosystems durch Zinssenkungen verhindern. Dass die EZB das ein zweites Mal schafft, ist zu bezweifeln.
Wie kann aber der Kompromiss aussehen? Es könne nur funktionieren, „wenn er eine substanzielle Komponente an Zuschüssen enthält, sodass das Geld in die besonders stark von der Pandemie betroffenen Sektoren und Regionen fließen kann. Es besteht natürlich die Gefahr, dass ein Kompromiss erzielt wird, der nicht ausreicht, um Ländern wie Italien und Spanien wirklich Erleichterung und Erholung zu verschaffen“, so die Analyse des Instituts für Wirtschaftsforschung.
Portugal, das eine Schuldenquote von 117 Prozent hat, droht nur mit Krediten auf eine Quote von 145 Prozent zurückzufallen.
Es sei schwer vorstellbar, dass ein Kompromiss zum „Wiederaufbaufonds“ausgerechnet an Österreich und drei anderen Staaten scheitern wird, die zu den größten Gewinnern der europäischen Einigung gehören.