Angstpolitik beenden
Am Beginn der CoronaKrise war es gut und richtig, Klartext zu sprechen, um die drohende Gefahr nicht zu verharmlosen. Der Bundeskanzler sprach von hohen Todeszahlen, der Innenminister von Lebensgefährdern. Der Innenminister schoss mit dem später zurückgenommenen Ostererlass weit übers Ziel hinaus und erntete dafür herbe Kritik. Doch die Menschen waren froh übers straffe Krisenmanagement und befolgten die Vorgaben willig und vorbildlich. Im Vertrauensindex erreichte die Bundesregierung ungeahnte Höhen, und selbst die Opposition war zum Schulterschluss bereit.
Jetzt, da das Land wieder hochgefahren wird, muss Schluss sein mit diesen dramatischen Inszenierungen. Schluss mit den täglichen martialischen Presseauftritten des altbekannten Politikerquartetts unter der dominierenden Regie des Bundeskanzlers. Absichtliche Angstpolitik betreiben, das darf in einer Demokratie nicht akzeptiert werden. Schreckensszenarien fortzuschreiben oder gar in voller Absicht als Mittel zur Erreichung politischer Ziele anzuwenden ist unseriös. Die positive Entwicklung der Infektionszahlen ermöglicht einen vorsichtigen Ausblick auf das künftige normale Leben. Nun gilt es, die Menschen davon zu überzeugen, dass der beste Schutz das persönliche Gefährdungsbewusstsein ist; körperliche Distanz, soweit zumutbar. Schutz durch persönliche Motivation, abseits von Angst und Androhung staatlicher Sanktionsmaßnahmen. Das mag ein Wagnis sein, von der Sinnhaftigkeit überzeugte Bürger werden diesen Weg mitgehen. Viele haben Angst, dass die Politik nicht der Verlockung widerstehen kann und durch die bereits zugestandenen Befugnisse bequem am Parlament und an Interessensvertretungen vorbei regieren will. Alle Verantwortlichen unseres Landes müssen nun weg von der Angstverbreitung bzw. der beabsichtigten Zweckerreichung durch Schüren von Ängsten und Unsicherheiten. Keine Demokratie kann langfristig überleben, wenn die Bürger verängstigt sind oder durch Sanktionsandrohungen zu einem Verhalten gezwungen werden, von dessen Sinnhaftigkeit sie nicht überzeugt sind. Franz Peer, Linz