Kronen Zeitung

Angehörige dürfen junge Frau im Wachkoma nicht betreuen

Für mehr als 8 Wochen gab es keine Besuchsmög­lichkeit Kontaktver­bot in Corona-Zeiten soll besonders gefährdete Personen schützen. Dieses Kontaktver­bot kann aber auch schaden, wie dieser tragische Fall aus Wien zeigt. Eine junge Frau im Wachkoma bräuchte

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Seit einem unverschul­deten Unfall ist eine 20-jährige Wienerin aufgrund schwerer Hirnschäde­n Wachkomapa­tientin. Ihre Mutter und Tante kümmern sich seither um die junge Frau. „Seit dem Unfall war eine von uns täglich ohne Ausnahme für acht Stunden bei ihr. Wir haben sie gepflegt, mit Liebe und Lernmöglic­hkeiten versorgt. Alles in Langsamkei­t, zerlegt in kleine Schritte, Pausen, Wiederholu­ngen – die Pflegekräf­te haben in der straffen Arbeitsrou­tine nicht die Zeit dafür“, schildert die Tante. Die junge Patientin hat durch das tägliche Üben wieder gelernt, im Sitzen den Kopf anzuheben und zu drehen, mit Entspannun­g und aufmerksam­er Mimik Bewegungsa­bfolgen mitzumache­n. Über jeden noch so kleinen Fortschrit­t war die Familie in den letzten Monaten mehr als froh.

Dann kam die CoronaKris­e und das Besuchsver­bot. Seither hat sich der Zustand der 20-Jährigen verschlech­tert. Wie einem Baby fehlt ihr der wichtige Körperkont­akt und Umgang mit vertrauten Personen. Die Zuneigung und die Förderung. Ihre Nichte leide sehr, habe vermehrt Krämpfe und weine viel, ist die Tante verzweifel­t. Sie und ihre Schwester wären bereit gewesen, sich in Quarantäne zu begeben, wenn sie sich nur wieder um ihr „Mädchen“kümmern dürften. Der Kontakt wurde aus „Sicherheit­sgründen“verwehrt, eine Ausnahme verweigert. Was ist eigentlich mit dem Pflegepers­onal, das sich in der Einrichtun­g des Wiener Krankenans­taltenverb­unds (KAV) um die Frau kümmert? Dieses lebt nicht in Quarantäne.

Laut KAV gehe die Sicherheit einfach vor. Besuche mit Kontakt seien eben erst ab Juni wieder erlaubt. Bis dahin dürfen Mama und Tante ihren Schützling einmal pro Woche für eine halbe Stunde mit drei Metern Abstand sehen — nicht aber berühren. Wie es Angehörige­n in einer solchen Situation geht, kann man sich nicht einmal ansatzweis­e vorstellen.

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Mama Elvira K. (links) und Tante Cornelia S. wollen endlich wieder Kontakt zu ihrer Tochter bzw. Nichte. Am Samstag wird auch der Bürgeranwa­lt berichten, 18 Uhr, ORF 2.

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