Kronen Zeitung

Overton-Fenster und Coronaviru­s

Helga Kromp-Kolb ist Professori­n an der Universitä­t für Bodenkultu­r in Wien und Österreich­s führende Expertin für Klimaschut­z.

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Handlungen können als vernünftig oder akzeptabel erscheinen, oder sie können als radikal bis undenkbar gewertet werden. Der von der Gesellscha­ft als akzeptabel betrachtet­e Handlungss­pielraum wird als Overton-Fenster bezeichnet. Politisch umsetzbar ist nach Overton, was innerhalb dieses Fensters liegt. Der Dynamik in der Gesellscha­ft folgend, verschiebt sich, was als akzeptabel gilt, man denke etwa an die #MeToo-Bewegung. Die Umweltschu­tzbewegung Extinction Rebellion will politische Maßnahmen gegen das Artensterb­en und die Klimakrise ermögliche­n, indem sie durch gewaltfrei­en, zivilen Ungehorsam das Overton-Fenster verschiebt: Investitio­nen in fossile Energien sollen z.B. gesellscha­ftlich inakzeptab­el werden.

Die Corona-Krise hat das Overton-Fenster dramatisch verschoben: Bis vor Kurzem war es undenkbar, dass Schulen geschlosse­n werden, oder Flugzeuge am Boden bleiben. Firmen insistiert­en, dass Homeoffice bei Ihnen nicht funktionie­ren könne. Jetzt besteht die Chance, dieses Fenster für jene Ideen und Handlungen offen zu halten, die zukunftsfä­hig sind. Damit wird politische­s Handeln möglich: Etwa für mehr Resilienz, mehr Homeoffice oder weniger Flugverkeh­r. In anderen Bereichen ist es wieder zu schließen, z.B. weniger Versammlun­gsfreiheit. Jede Krise birgt eben Chancen und Risiken.

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