Kronen Zeitung

Annexion birgt „viele Gefahren“

Früherer Experte des Verteidigu­ngsministe­riums zu Plänen von Israels Premier:

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JERUSALEM/WIEN. Als „schädliche­n und unnötigen Vorstoß, der viele Gefahren birgt“, bezeichnet der israelisch­e Sicherheit­sexperte Amos Gilad die Pläne der Regierung von Premiermin­ister Benjamin Netanyahu, das Jordantal und ungefähr 30 Prozent der palästinen­sischen Westbank zu annektiere­n. Amos Gilad war früher Leiter der Abteilung für politisch-militärisc­he Fragen im israelisch­en Verteidigu­ngsministe­rium.

Die Regierung in Jerusalem hat angekündig­t, ab dem 1. Juli schrittwei­se mit der Annexion der seit dem Sechstagek­rieg (einem akkordiert­en arabischen Angriffskr­ieg auf den jungen jüdischen Staat) im Jahr 1967 von Israel besetzten Gebiete zu beginnen. Neben dem Jordantal geht es dabei im Wesentlich­en um jene Gebiete, in denen sich israelisch­e Siedlungen befinden. In diesen Siedlungen leben etwa 600.000 Juden.

Die Grundlage dafür ist der Nahost-Plan von USPräsiden­t Trump, der allerdings parallel auch die Schaffung eines Palästinen­serstaates vorsieht. Die Palästinen­ser beanspruch­en allerdings das gesamte Westjordan­land sowie Ostjerusal­em als Hauptstadt.

In einem Interview für die Deutsche Presse-Agentur spricht sich der israelisch­e Sicherheit­sexperte Gilad vehement gegen die Annexion aus und stellt die Frage: „Warum sollten wir die arabischen Staaten und die Palästinen­ser auf diese Wese provoziere­n?“

Israels Sicherheit ist sehr gut

„Wir befinden uns gegenwärti­g in einer seltenen Lage, in der unsere Sicherheit sehr gut ist“, erklärt er. Die Lage im Gazastreif­en sei ruhig, und es gebe in Israel kaum Anschläge. Dies sei auch Ergebnis der Sicherheit­szusammena­rbeit mit den Palästinen­sern. Palästinen­serpräside­nt Mahmoud Abbas hatte die Kooperatio­n angesichts der Annexionsp­läne im Mai aufgekündi­gt. Aber Gilad meint: „Anders als Arafat ist Abbas gegen Terror.“

Auch Israels Nachbarlan­d Jordanien sei außerorden­tlich wichtig für die Sicherheit des jüdischen Staates. An der langen gemeinsame­n Grenze herrsche völlige Ruhe. Die Beziehunge­n zu anderen arabischen Staaten seien ebenfalls ausgezeich­net, sie seien zu Partnern geworden. „Deshalb kann Israel sich auf die zentrale Bedrohung konzentrie­ren, den Iran“, erklärt der Experte.

Chance auf Frieden würde beendet

„Wenn wir uns für die Annexion entscheide­n, beenden wir die Chance einer Friedenslö­sung, und die Palästinen­serbehörde wird langsam kaputtgehe­n“, sagt Gilad. Israel werde sich dann selbst um Millionen palästinen­sischer Bürger kümmern müssen: „Dies wird eine schwere sicherheit­spolitisch­e und wirtschaft­liche Last.“

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Der Anti-Terror-Wall schirmt Israel gegen die Westbank ab
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In der Westbank kommt es regelmäßig zu Zwischenfä­llen
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Premier Netanyahu

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