Im Namen der Republik
Das Landesgericht Innsbruck hat durch die Richterin Mag. Nina Rofner in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation , 1060 Wien, Linke Wienzeile 18, vertreten durch die Kosesnik-Wehrle & Langer Rechtsanwälte KG in 1030 Wien, gegen die beklagte Partei kitzVenture GmbH , FN 442510a, 6370 Kitzbühel, JosefPirchl-Straße 5, vertreten durch MMag. Stefan Zajic, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen Unterlassung (bewertet mit EUR 30.500,-) und Urteilsveröffentlichung (bewertet mit EUR 5.500,-) nach öffentlicher und mündlicher Streitverhandlung zu Recht erkannt:
1) Die Beklagte ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in ihrer Werbung, insbesondere in Print- und Onlineinseraten sowie auf ihrer Homepage, a) den unrichtigen Eindruck zu erwecken, aa) sie biete berechen- und/oder planbare Möglichkeiten der Geldanlage an, insbesondere durch Bewerbung der von ihr angebotenen Veranlagung unter den Schlagworten „berechenbar – 9,75% Zinsen p.a. (fest vereinbarte Verzinsung von 9,75% p.a.), planbar (jährliche Zinsenzahlung)“oder sinngleich, wenn die von ihr angebotene Veranlagung tatsächlich in der Einräumung von qualifiziert nachrangigen Darlehen besteht, deren Zins- und/oder Rückzahlung aus Gründen unterbleiben kann, die für den Anleger nicht berechen- oder planbar sind, insbesondere wenn die Emissionsbedingungen die Zins- und Kapitalrückzahlung nur aus dem „frei verfügbaren Jahresüberschuss“oder aus dem „frei verfügbaren Vermögen der Emittentin“sowie „nach Befriedigung sämtlicher vorrangiger Gläubiger“zulassen; und/oder ab) die von ihr angebotene Möglichkeit der Geldanlage weise ein ausgewogenes Chancen-Risiko-Verhältnis auf, insbesondere durch Aussagen wie „das Venture –Loan-Investment bietet ein ausgewogenes Chancen-Risiko-Verhältnis“; „das Risiko bleibt für den Anleger überschaubar“oder sinngleichen Aussagen, wenn tatsächlich dem Anleger mit der angebotenen Veranlagung ein wirtschaftliches Risiko aufgebürdet wird, das jenem eines Gesellschafters gleichkommt oder es übersteigt, ohne ihm die Chancen eines Gesellschafters, insbesondere einen Anteil am Gewinn, den stillen Reserven und dem Firmenwert einzuräumen; und/oder ac) der Begriff „Nachrangdarlehen“bedeute, dass das Darlehen erst am Ende der Laufzeit zur Rückzahlung fällig wäre; und/oder ad) sie biete die Möglichkeit der Geldanlage ähnlich einer Unternehmensbeteiligung an, etwa durch blickfangartig hervorgehobene Hinweise wie „langfristiges Wachstum steht im Mittelpunkt“, oder „Heimische Wirtschaft fördern“oder sinngliche Aussagen, wenn sie tatsächlich nur qualifiziert nachrangige Darlehen als Geldanlage anbietet, die dem Anleger keinen Anteil am Gewinn, den stillen Reserven und/oder Firmenwert der Investitionsobjekte einräumen; und/oder ae) das Risiko eines Totalverlusts bei der von ihr beworbenen Veranlagung sei sehr gering, weil die Beklagte in mehrere Unternehmen investiere und dadurch das Kapital der Anleger streue, insbesondere durch Aussagen wie „Risikostreuung durch die Beteiligung an bzw die Finanzierung mehrerer Start-Ups und Unternehmen“; „Da die kitzVenture in mehrere Unternehmen investiert und das Kapital gestreut wird, bliebt das Risiko für die Anleger überschaubar. Zudem wird jede Idee eines Gründers oder Unternehmers eingehend geprüft und gefiltert, sodass die Chance für einen Totalverlust sehr gering ist“oder sinngleiche Aussagen, wenn tatsächlich das Risiko besteht, dass mangels ausreichender Anzahl an Beteiligungen ein ausreichender Grad an Diversifikation nicht erreicht werden kann, und die Beklagte auf diesen Umstand nicht ausreichend deutlich hinweist; b) für Geldanlagen in Form von qualifiziert nachrangigen Darlehen ba) Werbeaussagen zu verwenden, die ausschließlich die Chancen der Veranlagung auffällig darstellen, wie beispielsweise die Werbeslogans „Die clevere Geldanlage mit 9,75% Zinsen“, „die optimale Anlagemöglichkeit“oder sinngleiche Anpreisungen, ohne gleichzeitig in räumlichem und thematischem Zusammenhang mit ausreichender Deutlichkeit auf die mit diesen Chancen verbundenen, nicht bloß unerheblichen Risiken der Veranlagung, insbesondere des Rückstehens mit den Ansprüchen auf Zins- oder Darlehensrückzahlung bis hin zum des Verlust der Einlage zur Befriedigung anderer Gläubiger der Emittentin hinzuweisen; und/oder bb) die dreijährige Laufzeit als überschaubar und daher vorteilhaft zu bewerben, wenn die von ihr angebotene Gelanlage laut Kapitalmarktprospekt tatsächlich nur von Anlegern in Erwägung gezogen werden sollte, die über einen Investitionshorizont von mindestens drei Jahren und einen ausreichenden finanziellen Spielraum verfügen; und/oder bc) einen attraktiven fixen Zinssatz wie etwa 9,75% p.a. ab einer Einlage von EUR 250 zu bewerben, etwa durch Aussagen wie „9,75% ab 250 Euro“im Zusammenhang mit „fest vereinbarte Verzinsung“oder „regelmäßige Zinszahlungen“oder sinngleich, ohne ausreichend deutlich darauf hinzuweisen, dass sowohl die Auszahlung von Zinsen als auch die Rückführung des veranlagten Kapitals laut Emissionsbedingungen unterbleiben kann, wenn dies der „frei verfügbare Jahresüberschuss“oder das „frei verfügbare Vermögen der Emittentin“sowie die „Befriedigung sämtlicher vorrangiger Gläubiger“nicht zulassen. 2) Die Beklagte ist weiters schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln (Anmerkung des Gerichts: Die Nummerierung der Klauseln entspricht der Nummerierung in der Klage und ist der Anlage 1 zum Prospekt, Beilage J und 2 sowie Beilage 4, entnommen)
8,2 Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag ist, soweit gesetzlich zulässig, der Sitz der Gesellschaft.
8.3.Änderungen oder Ergänzung dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für einen etwaigen Verzicht sowie für das Abgehen vom vorgenannten Schriftformerfordernis. 8.4.Nebenabreden wurden außerhalb dieses Vertrages nicht getroffen.
8.5. Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam sein oder werden oder sollte sich in diesem Vertrag eine Lücke befinden, so wird hierdurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung ist eine solche wirksame Bestimmung zu vereinbaren, die dem Sinn und Zweck der unwirksamen Bestimmung, insbesondere ihrer wirtschaftlichen Intention entspricht. Im Falle einer Lücke ist diejenige Bestimmung zu vereinbaren, die nach dem Sinn und Zweck dieses Vertrages vereinbart worden wäre, hätte man diesen Punkt von vornherein bedacht. oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen; sie ist ferner schuldig, es zu unterlassen, sich auf diese oder sinngleiche Klauseln zu berufen.
4) Der klagenden Partei wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruches mit Ausnahme der Kostenentscheidung , auf Kosten der beklagten Partei binnen sechs Monaten ab Rechtskraft jeweils einmal in einer Samstagsausgabe des redaktionellen Teiles der „Kronen-Zeitung“, bundesweit erscheinende Ausgabe, sowie einmal im redaktionellen Teil der Tageszeitung „ÖSTERREICH“, bundesweit erscheinende Ausgabe, jeweils mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, somit in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen.
Landesgericht Innsbruck, Abteilung 69 Innsbruck, 24. Oktober 2017 Mag. Nina Rofner, Richterin