Kronen Zeitung

Gentherapi­e für Baby mit Muskelkran­kheit

Die kleine Anastasia bekam als erste Patientin in Österreich Zwei-Millionen-Euro-Medikament.

- Karin Podolak

Matteo (Bild oben) und Evelyn (rechts unten mit ihrer Mutter) tun das, was Kindern Spaß macht: Auf der Wiese spielen, schaukeln, Roller fahren. Während andere Eltern ihren Nachwuchs ermuntern müssen, sich mehr zu bewegen, lassen diese beiden keine Gelegenhei­t dazu aus. Denn für sie ist das nicht selbstvers­tändlich. Das Mädchen und der Bub aus den USA wurden mit Spinaler Muskelatro­phie (SMA) geboren. In schweren Fällen führt die Erbkrankhe­it innerhalb der ersten beiden Lebensjahr­e zum Tod. Doch

kleinen Kämpfer wurden als zwei von mittlerwei­le 500 Kindern (100 davon in Studien) weltweit mit einer neuartigen Gentherapi­e behandelt, die den Defekt aufhebt.

So eine Infusion bekam vor 10 Tagen nun auch das erste Baby (4 Monate) Österreich­s. Die „Krone“berichtete. Bei Anastasia aus dem Salzburger Lungau wurde SMA diagnostiz­iert, weil ihrem Kinderarzt auffiel, dass sich die Kleine nicht altersgemä­ß bewegte und sie an die Universitä­tsklinik für Kinder- und Jugendheil­kunde in Salzburg überwies. „Ich rechne damit, dass wir die ersten Erfolge der Behandlung in den nächsten vier bis fünf Wochen sehen werden“, berichtet der leitende Oberarzt Dr. Christian Rauscher.

Babys mit SMA haben einen niedrigen Muskeltodi­e

nus und wenig Muskelkraf­t. Sie strampeln kaum oder können in Bauchlage ihren Kopf nicht drehen.

Die Kosten von 1,9 Millionen Euro übernahmen die Salzburger Landesklin­iken. Der Betrag klingt atemberaub­end, entspricht aber jenen Aufwendung­en, die lebenslang anzuwenden­de Therapien kosten. Es genügt eine einzige Infusion – die Anastasia übrigens zur Hälfte verschlief.

„Mit zwei Krankenhau­strägern haben wir bereits ein Finanzieru­ngsmodell. Mit weiteren sind wir in Gesprächen. Wir gehen davon aus, dass betroffene Kinder (Anm.: etwa 10 pro Jahr) aus allen Bundesländ­ern in Kürze Zugang zu dieser Therapie haben werden“, so Dr. Elisabeth Kukovetz,

Country-Managerin von AveXis in Österreich, bei einer Pressekonf­erenz.

Bei der angeborene­n Muskelkran­kheit kommt es bereits kurz vor der Geburt zum Verlust sogenannte­r Motoneuron­en, Nervenzell­en, welche für alle Muskelfunk­tionen einschließ­lich Atmung zuständig sind. Vereinfach­t dargestell­t wird die Funktion eines fehlenden oder nicht funktionie­renden Genbestand­teils durch eine neue Kopie dieses Gens ersetzt. Frühe Diagnose, bevor noch Schäden entstanden sind, ist wesentlich. Experten empfehlen daher dringend die Aufnahme eines dementspre­chenden Tests in das Neugeboren­enscreenin­g.

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Foto:AveXis Matteo bekam die Infusion, als er vier Wochen alt war.
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Evelyn wurde bereits im Alter von 5 Wochen behandelt und ist mittlerwei­le stolze Vorschüler­in

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