Übermäßiges Schwitzen
Chirurg Dr. Gernot Seebacher stellt den Fall eines 16-jährigen Schülers vor, der unter massivem Schwitzen leidet – vor allem im Bereich der Hände.
Symptome
Manuel B. (Name geändert) kämpft seit Jahren mit starken Schweißausbrüchen an den Händen. Er schwitzt auch, wenn er nicht aufgeregt ist. Sobald er in der Schule schreibt, tropft der Schweiß auf das Papier. Dieses wellt sich, die Schrift verschmiert.
Anamnese
Das Schwitzen begann in der Pubertät. Manuel wagte es bald nicht mehr, anderen die Hand zu geben. Nicht selten rutschte ihm ein Glas aus der Hand. Er besuchte mehrere Ärzte, aber niemand konnte helfen. Die Beschwerden waren zwar nicht bedrohlich, und es konnte auch keine organische Krankheit entdeckt werden. Aber die Situation blieb quälend. Salben brachten keine Besserung, BotoxInjektionen nur vorübergehend. Auf Dauer konnte sich die Familie außerdem diese Therapie nicht leisten.
Klinische Untersuchung/Tests
Es zeigte sich tatsächlich eine lediglich auf die Hände beschränkte, überschießende Schweißproduktion. Der junge Mann schwitzte auch im Bereich der Füße, aber deutlich geringer. Blutbild, Hormon- und Schilddrüsentest waren normal, es gab auch sonst keine psychischen oder organischen Auffälligkeiten.
Diagnose
Nachdem alle anderen Ursachen ausgeschlossen wurden, handelt es sich um ein Phänomen mit sehr typischen Beschwerden. Der Fachausdruck ist Hyperhidrosis palmaris. Der genaue Hintergrund ist noch unklar. Üblicherweise tritt das Schwitzen beidseitig auf. Die Patienten sind jünger als 25 Jahre. Beim Schlafen nehmen die Beschwerden deutlich ab oder verschwinden ganz.
Therapie
Schwächer ausgeprägte Fälle lassen sich mit einer Aluminiumchloridverbindung in Form eines Gels lokal gut behandeln. Stromtherapie, Iontophorese genannt, hilft gelegentlich ebenfalls und kann vom Patienten zuhause selbst angewandt werden.
Am besten funktionieren im Allgemeinen Injektionen mit Botulinum Toxin (Botox) in die Achselhöhlen. Das ist jedoch etwas schmerzhaft und vor allem sehr kostspielig. Der Effekt hält bis zu einem Jahr, zumindest aber etwa vier Monate.
Als letzte Möglichkeit kommt dann noch das Durchtrennen jener Nerven in Frage, welche die Schweißdrüsen versorgen. Sie verlaufen im Brustkorb. Der Eingriff betrifft dabei ein Nervengeflecht, das die Schweißproduktion in den Händen steuert.
Operiert wird unter Vollnarkose minimal-invasiv, das heißt, mittels „Schlüssellochchirurgie“ohne große Schnitte. Die Patienten können das Spital meistens bereits am zweiten oder dritten Tag nach der OP beschwerdefrei verlassen. Komplikationen, wie sie leider im Internet angeführt werden, sind in der Hand eines routinierten Chirurgen nicht zu befürchten.
Verlauf
Auch Manuel B. konnte am zweiten Tag nach der OP aus dem Spital entlassen werden. Er hat seither kein Schweißproblem mehr und kann ein völlig normales Leben führen. Soziale Kontakte fallen ihm nun viel leichter, sein Selbstvertrauen ist wieder vorhanden.
Die Probleme des Alltags bewältigt der Teenager anstandslos, die Schulhefte bleiben trocken . . .