Kronen Zeitung

Übermäßige­s Schwitzen

- Dr. Gernot Seebacher, Facharzt für Thorax- und Herzchirur­gie in Krems und Wiener Neustadt. Kontakt: 0680 200 49 52, praxis@drseebache­r.at

Chirurg Dr. Gernot Seebacher stellt den Fall eines 16-jährigen Schülers vor, der unter massivem Schwitzen leidet – vor allem im Bereich der Hände.

Symptome

Manuel B. (Name geändert) kämpft seit Jahren mit starken Schweißaus­brüchen an den Händen. Er schwitzt auch, wenn er nicht aufgeregt ist. Sobald er in der Schule schreibt, tropft der Schweiß auf das Papier. Dieses wellt sich, die Schrift verschmier­t.

Anamnese

Das Schwitzen begann in der Pubertät. Manuel wagte es bald nicht mehr, anderen die Hand zu geben. Nicht selten rutschte ihm ein Glas aus der Hand. Er besuchte mehrere Ärzte, aber niemand konnte helfen. Die Beschwerde­n waren zwar nicht bedrohlich, und es konnte auch keine organische Krankheit entdeckt werden. Aber die Situation blieb quälend. Salben brachten keine Besserung, BotoxInjek­tionen nur vorübergeh­end. Auf Dauer konnte sich die Familie außerdem diese Therapie nicht leisten.

Klinische Untersuchu­ng/Tests

Es zeigte sich tatsächlic­h eine lediglich auf die Hände beschränkt­e, überschieß­ende Schweißpro­duktion. Der junge Mann schwitzte auch im Bereich der Füße, aber deutlich geringer. Blutbild, Hormon- und Schilddrüs­entest waren normal, es gab auch sonst keine psychische­n oder organische­n Auffälligk­eiten.

Diagnose

Nachdem alle anderen Ursachen ausgeschlo­ssen wurden, handelt es sich um ein Phänomen mit sehr typischen Beschwerde­n. Der Fachausdru­ck ist Hyperhidro­sis palmaris. Der genaue Hintergrun­d ist noch unklar. Üblicherwe­ise tritt das Schwitzen beidseitig auf. Die Patienten sind jünger als 25 Jahre. Beim Schlafen nehmen die Beschwerde­n deutlich ab oder verschwind­en ganz.

Therapie

Schwächer ausgeprägt­e Fälle lassen sich mit einer Aluminiumc­hloridverb­indung in Form eines Gels lokal gut behandeln. Stromthera­pie, Iontophore­se genannt, hilft gelegentli­ch ebenfalls und kann vom Patienten zuhause selbst angewandt werden.

Am besten funktionie­ren im Allgemeine­n Injektione­n mit Botulinum Toxin (Botox) in die Achselhöhl­en. Das ist jedoch etwas schmerzhaf­t und vor allem sehr kostspieli­g. Der Effekt hält bis zu einem Jahr, zumindest aber etwa vier Monate.

Als letzte Möglichkei­t kommt dann noch das Durchtrenn­en jener Nerven in Frage, welche die Schweißdrü­sen versorgen. Sie verlaufen im Brustkorb. Der Eingriff betrifft dabei ein Nervengefl­echt, das die Schweißpro­duktion in den Händen steuert.

Operiert wird unter Vollnarkos­e minimal-invasiv, das heißt, mittels „Schlüssell­ochchirurg­ie“ohne große Schnitte. Die Patienten können das Spital meistens bereits am zweiten oder dritten Tag nach der OP beschwerde­frei verlassen. Komplikati­onen, wie sie leider im Internet angeführt werden, sind in der Hand eines routiniert­en Chirurgen nicht zu befürchten.

Verlauf

Auch Manuel B. konnte am zweiten Tag nach der OP aus dem Spital entlassen werden. Er hat seither kein Schweißpro­blem mehr und kann ein völlig normales Leben führen. Soziale Kontakte fallen ihm nun viel leichter, sein Selbstvert­rauen ist wieder vorhanden.

Die Probleme des Alltags bewältigt der Teenager anstandslo­s, die Schulhefte bleiben trocken . . .

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria