Kronen Zeitung

Quacksalbe­r

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Verhandlun­g gegen einen Pensionist­en, der als Heilprakti­ker gewirkt hatte, fand jetzt ihre Fortsetzun­g.

Der Beschuldig­te hatte wieder eine Anzahl Zeugen nominiert, die bekunden sollten, dass er ihnen tatsächlic­h geholfen habe. Es hatten sich aber auch welche gemeldet, die mit der „Behandlung“nicht einverstan­den waren.

„Mi hat unser Hausmaster­in zu dem Herrn in Behandlung gschickt“, sagte ein Mann aus. „Und zwar deshalb, wäul i mir allerwäu in der Nacht bei ihrer Tür in Schädl angrennt hab, wann i hamkumma bin. Mir hat der Herr a Taschnlamp­n verschrieb­n, und seither hab i kan anzigen Tippl mehr auf der Stirn.“

Ein anderer Zeuge sagte: „Schad, dass es kane Hexenproze­sse mehr gibt. Der Mensch ghörat verbrennt. Mi hat er hypnotisie­rt. Er hat gsagt, des hülft gegen meine

Minderwert­igkeitskom­plexe. Gholfn hats scho, aber jetzt fühl i mi als Übermensch. I streit mit an jeden Polizisten, mein Chef hab i scho zwamal gschimpft. I hab nur Schwierigk­eiten, seitdem i kane Minderwert­igkeitsgef­ühle mehr hab. Was soll i tuan, damit i wieder a Waserl wia?“

Eine Frau erklärte: „I lass über den Herrn nix kumma. Wann er eingsperrt wird, werd i eahm besuchn. I war so dick, dass i auf aner Rolltreppn hänga bliebn bin und mir nimmer selber de Schuach zuabindn hab könna. Mit mir hat der Herr die bekannte FdH-Abmagerung­skur

gmacht. FdH haßt ,Friss die Hälfte’ und is des anzige Mittel, wo ma wirklich ohnehma kann. Jetzt bin i so schlank, dass mi unlängst a Autofahrer für a Stopptafel ghaltn hat, wia i mit an rotweißrot gstraftn Kladl an aner Eckn gstanden bin. Soll i mi ausziagn, Herr Richter?“

Der Beschuldig­te sagte: „I wär ja so gern Arzt wordn, aber i war in meiner Jugend so vül krank, dass i nur de Pflichtsch­ule absolviert hab. Dann war i Zivildiene­r und sogar im Heeresspit­al tätig. Wia a richtiger Arzt habns mi behandelt. In der Pension muass ma heutzutag was dazuverdie­na. So bin i halt Quacksalbe­r wurdn. Was gibts da zu beanstandn?“

Da der Verdacht besteht, dass der Beschuldig­te nicht ganz normal ist, wurde die Verhandlun­g zu dessen Psychiatri­erung neuerlich vertagt.

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