Es wird Zeit für die Essenz
Auf seinem neuen Studioalbum „On Sunset“zeigt sich „Modfather“Paul Weller vielseitig, gut gelaunt und vordergründig experimentell
In einer gerechten Welt würde Paul Weller seine neuen Songs bald im Wiener Konzerthaus präsentieren – durch Corona erklingt sein 15. Soloalbum „On Sunset“aber nur via Spotify oder auf dem Plattenteller. Nach Experimenten im Folk-, Krautrock-, Elektronik- und JazzBereich musiziert die TheJam-Legende nun vorwiegend im Up-Tempo-Bereich und lässt dabei sein sonniges Gemüt durchscheinen. „On Sunset“ist die Rückschau eines „Sixty-Somethings“auf ein buntes Leben voller Höhen und Tiefen – völlig ohne Verklärung, dafür mit dem Mut zu klanglicher Innovation.
Wo sich andere Popmusiker im gesetzteren Alter gerne selbst zitieren und auf der Stelle treten, wagt Weller die Flucht nach vorne. Er verknüpft Geigenklänge, zeitgemäßen R&B, Dancefloor-Rhythmen und
Northern Soul mit einer beneidenswerten und fast schon juvenilen Selbstverständlichkeit. Ehrerbietungen an David Bowie finden ebenso Platz wie Konsumkritik und Wut auf das Establishment. Kritik bringt Weller im Herbst seiner Karriere sanfter an, viel wichtiger sei es ihm ohnehin, die Zeit der Kreativität bestmöglich zu nutzen.
„Es ist die Zeit da, die Essenz des Lebens hervorzuholen“, erklärte er dem „NME“, „ich werde nicht jünger und versuche einfach so viele verschiedene Dinge wie möglich zu machen.“