Kronen Zeitung

Die Liebe ist stärker als eine Reisewarnu­ng

Enkel, die seit Weihnachte­n die Großeltern nicht gesehen haben, Hochzeiten, bei denen man sich zwischen Familie und Freunden entscheide­n muss. Die Reisewarnu­ng für den Westbalkan trifft 530.000 Menschen mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawie­n.

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SEIT ZWEI JAHREN plant die in Wien lebende Katarina P. die kirchliche Trauung mit ihrem Mann Marin (hier beim Antrag im kroatische­n Dubrovnik) in ihrer Heimat Bosnien-Herzegowin­a. Die Reisewarns­tufe 6 macht aber dem Paar und Hunderttau­senden in Österreich lebenden Menschen mit Wurzeln auf dem Westbalkan einen Strich durch die Rechnung.

Hochzeiten und Begräbniss­e besucht man in meiner Heimat immer – egal, was passiert.“Am 25. Juli hätte es für die in Wien lebende Katarina P. so weit sein sollen. Seit zwei Jahren

plant sie die kirchliche Trauung mit ihrem Mann Marin in ihrer Heimat BosnienHer­zegowina. Fotograf, Band, Essen und Unterkunft für 430 Freunde und Verwandte sind bestellt. Aus heutiger Sicht gilt für das Land dann Reisewarns­tufe 6.

„Wir sind im Austausch mit dem Veranstalt­er, den Behörden in Bosnien und Österreich. Aktuell gibt es in meiner Heimatregi­on keinen CoronaFall.“Je nachdem wie sich die Lage entwickelt, will das Paar sich trotzdem trauen. „Von 430 geplanten Gästen stehen wir jetzt bei 150. Ich rechne mit weiteren Absagen – das ist für mich auch bis zum letzten Tag verständli­ch“, so Katarina P., deren Eltern 1990 nach Österreich kamen.

In Wien zu feiern, wo auch die standesamt­liche Trauung war, kommt für sie nicht in Frage: „Meine Verwandten können es sich nicht leisten.“Sie habe die Wahl: Der schönste Tag im Leben ohne Familie in Österreich – oder ohne Freunde in Bosnien.

Katarina und ihr Mann Marin sind zwei von 530.000 Österreich­ern mit Wurzeln im ehemaligen Jugoslawie­n. Viele von ihnen verbringen die Sommer in der „alten“Heimat. Heuer kann das gesundheit­liche und rechtliche Konsequenz­en haben (siehe rechts). Die Sehnsucht nach den Familien ist groß – seit Weihnachte­n haben die meisten keinen persönlich­en Kontakt mehr gehabt.

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Sanel & Armina Masinovic mit Arman, Sarah (Wien/Bosnien): „Die Maßnahmen der Bundesregi­erung verstehen wir sehr gut.“
Marin und Katarina P. heirateten in Wien standesamt­lich. Die kirchliche Trauung hängt in der Luft. Sanel & Armina Masinovic mit Arman, Sarah (Wien/Bosnien): „Die Maßnahmen der Bundesregi­erung verstehen wir sehr gut.“
 ??  ?? Sanja M. (Wien/Bosnien): „Die Situation ist für alle schwierig, weil wir schon lange unsere Familien nicht gesehen haben. Hohe Eigenveran­twortung ist das Wichtigste.“
Sanja M. (Wien/Bosnien): „Die Situation ist für alle schwierig, weil wir schon lange unsere Familien nicht gesehen haben. Hohe Eigenveran­twortung ist das Wichtigste.“
 ??  ?? Natasa Dikic (Wien/Bosnien): „Ich wollte Ende Juli Familie und Freunde besuchen. Wir haben uns seit Weihnachte­n nicht gesehen. Jetzt bin ich total verunsiche­rt.“
Natasa Dikic (Wien/Bosnien): „Ich wollte Ende Juli Familie und Freunde besuchen. Wir haben uns seit Weihnachte­n nicht gesehen. Jetzt bin ich total verunsiche­rt.“
 ??  ?? Nexhmedin Boshnjaku (Kosovo/Klagenfurt): „Die Fälle in meiner Heimat haben sich verdoppelt. Da bleibe ich mit meiner Frau und den vier Kindern lieber in Kärnten.“
Nexhmedin Boshnjaku (Kosovo/Klagenfurt): „Die Fälle in meiner Heimat haben sich verdoppelt. Da bleibe ich mit meiner Frau und den vier Kindern lieber in Kärnten.“
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 ??  ?? Maximilian Domej (Arzt mit vielen Patienten vom Balkan): „Für Menschen aus Ex-Jugoslawie­n ist das nicht wie ein Spanienurl­aub – es ist ein Nachhausek­ommen.“
Maximilian Domej (Arzt mit vielen Patienten vom Balkan): „Für Menschen aus Ex-Jugoslawie­n ist das nicht wie ein Spanienurl­aub – es ist ein Nachhausek­ommen.“
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Irina Lazić (Wien/Bosnien): „Ich wollte Verwandte in Belgrad und meine Familie in Bosnien besuchen. Ich vermisse meine Omas und mache mir Sorgen um sie.“

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