Kronen Zeitung

Der osmanische Traum Erdoğans

- Christian.hauenstein@kronenzeit­ung.at

Geht es um die Zukunft der Hagia Sophia, dem Wahrzeiche­n der BosporusMe­tropole Istanbul, gehen die Äußerungen im Umfeld des türkischen Präsidente­n Erdoğan schnell ins Pathetisch­e. Der Außenminis­ter sieht darin eine „Frage der Souveränit­ät“, der Justizmini­ster will die „Ketten der Hagia Sophia“sprengen, und ein islamistis­cher TVPrediger sieht gar jeden verflucht, der das Vermächtni­s der Hagia Sophia antastet. Also das Vermächtni­s von Sultan Mehmet, dem „Eroberer“.

Mehmet hat das christlich­e Konstantin­opel im Jahr 1453 nach dessen fast 1000-jähriger Blüte erobert und das Gotteshaus in eine Moschee umgewandel­t. Erst Atatürk machte aus dem Sakralbau 1934 ein Museum.

Konstantin­opel galt Jahrhunder­te als fast uneinnehmb­ar. Wegen seiner Lage am Bosporus und dem doppelten Mauerring. Mehmet aber konnte diesen mit Hilfe neuartiger Kanonen bezwingen.

Sein Sieg ist der Triumph des Islam über die Christenhe­it, und er zementiert­e damit die jahrhunder­telange Dominanz der Osmanen endgültig ein. Von dieser Größe träumt auch der türkische Präsident Erdoğan. Das zeigt sich in Syrien, im westlichen Irak, im Umgang mit den sunnitisch­en Araberstaa­ten, in Libyen und im Gas- und Grenzstrei­t mit Griechenla­nd, Zypern und Israel ebenso wie in seinem rüden Ton der EU gegenüber.

Die Hagia Sophia wäre nur ein weiteres Zeichen. Als Symbol der osmanische­n Überlegenh­eit.

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