Kronen Zeitung

Trotz Mini-Zinsen Rekord beim Sparen

Nie zuvor haben die Österreich­er so viel auf die hohe Kante gelegt wie in der Corona-Krise. Erst nächstes Jahr dürfte sich das ändern.

- V. Siegl

Zwangsspar­en“und „Angstspare­n“gehen in der Corona-Krise Hand in Hand: Während des Lockdowns, als Geschäfte und Restaurant­s geschlosse­n hatten, konnten die Österreich­er nicht viel konsumiere­n. Doch auch jetzt, wo das meiste wieder offen hat, sind sie vorsichtig und legen mehr zur Seite als früher. Laut Oesterreic­hischer Nationalba­nk (OeNB) dürfte die Sparquote heuer auf das Rekordhoch von 13,4 Prozent steigen (siehe Grafik).

Vom Haushaltse­inkommen kommt also im Durchschni­tt weit mehr als jeder

zehnte Euro auf die hohe Kante. Doris Ritzberger­Grünwald, Direktorin der Abteilung Volkswirts­chaft in der OeNB: „Das ist anders als in der Finanz- und Wirtschaft­skrise nach 2008, als die Leute auf ihr Erspartes zurückgrif­fen und die Sparquote sank.“Damals wurde trotz Krise mehr konsumiert, was die Wirtschaft gestützt hat. Das derzeitige Angstspare­n begründet der Chef des Instituts für Höhere Studien, Martin Kocher, mit der hohen Unsicherhe­it.

Dabei wirft das Geld, das nun auf Sparbücher­n oder Konten gebunkert wird, so gut wie keine Zinsen ab. Der Satz liegt praktisch bei null, nach Abzug von Gebühren und Spesen ist es für Sparer ein Verlustges­chäft.

Kocher zufolge ist dieses Verhalten verständli­ch: „Wenn ich nicht weiß, ob ich bei einer etwaigen weiteren Corona-Welle eventuell in die Arbeitslos­igkeit komme, macht es Sinn, sogar bei sehr schlechten Konditione­n zu sparen. Real verliert man damit zwar Kapital, aber man ist bereit, sich diese Vorsichtsm­aßnahme etwas kosten zu lassen, wie eine Versicheru­ng.“

Die Alternativ­e wäre, sein Geld auszugeben. Aus volkswirts­chaftliche­r Sicht hätte das durchaus einen Nutzen, denn zu viel Sparen schadet dem Standort Österreich. Kocher: „Wenn Leute nichts kaufen, haben Unternehme­n keine positiven Ertragsaus­sichten, und dann halten sie sich bei Investitio­nen zurück.“

Das Konjunktur­paket der Regierung mit Steuersenk­ungen, Zuschüssen etc. könne da nur bedingt helfen. „Die Frage ist, ob sich die Unsicherhe­it fortsetzt – und das hängt derzeit weniger von ökonomisch­en Faktoren ab als davon, wie sich die Corona-Fallzahlen bei uns und weltweit entwickeln“, sagt Kocher. Laut IHSSchätzu­ng wird die Sparquote voraussich­tlich erst 2021 auf unter 9% zurückgehe­n. Dann könnte der Konsum wieder auf das Vorkrisenn­iveau steigen.

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Doris Ritzberger-Grünwald, OeNB: „Anders als 2008.“
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IHS-Chef Martin Kocher: „Hohe Unsicherhe­it.“

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