Kronen Zeitung

„ALS HÄTTE MICH EIN METEORIT GETROFFEN!“

In Runde 27 des Großen Preises von Österreich 2002 lenkte der Jordan-Pilot Takuma Sato in die Remus-Kurve ein. Hinter ihm ging Nick Heidfeld im Sauber auf die Bremse … und die Hölle brach los!

-

DER A1-RING, 2002.

Takuma Sato war nach einer Safety-CarPhase wieder auf der Strecke und bereitete sich gerade darauf vor, mit seinem unterlegen­en Jordan EJ12 so weit wie möglich nach vorne zu kommen. Als er den Hügel in Richtung Kurve 2 hinauffuhr, wurde der japanische Formel-1-Neuling von den Spitzenrei­tern des Rennens überrollt. Sato wich pflichtsch­uldig nach links von der Ideallinie ab, als Rubens Barrichell­o, Ralf und Michael Schumacher sowie Juan Pablo Montoya auf der Innenbahn vorbeizoge­n.

Weiter hinten musste der fünftplatz­ierte Nick Heidfeld reagieren, als die Bremsen von Alex Yoong im Minardi blockierte­n. Obwohl Heidfeld die Bremsen bloß antippte, geriet sein Auto plötzlich völlig außer Kontrolle, drehte ab und raste seitlich auf den Scheitelpu­nkt der Kurve zu.

„Ich bin sehr lange rückwärts gerutscht“, sagt Nick. „Ich wusste, dass viele Autos vor mir waren, und hoffte nur, ich würde da irgendwie durchkomme­n, ohne jemanden zu berühren. Ich dachte, es würde alles gut gehen, aber dann …“Alles explodiert­e.

Heidfelds Sauber krachte mit beträchtli­cher Wucht in die rechte Seite von Satos Jordan und deckte die Strecke mit Kohlefaser­splittern ein. „Ich dachte, ein Meteorit hätte mich getroffen“, erinnert sich Sato. „Es war ein unglaublic­h harter Einschlag, völlig aus dem Nichts. Ich fühlte starke Schmerzen und konnte meine Beine nicht bewegen, weil sie zwischen den Carbonteil­en eingeklemm­t waren.“Der Aufprall war so heftig, dass er ein Loch in die Seite des Jordan-Cockpits schlug, durch das man Satos Beine sehen konnte. Alle hielten die Luft an.

„Woran ich mich vor allem erinnere, ist, dass ich in meinem Auto saß und sah, dass Takumas Jordan in Stücken war“, sagt Heidfeld. „Er blieb lange, lange Zeit in seinem Auto, und ich machte mir große Sorgen um ihn. Dieses Warten, um zu erfahren, ob er verletzt war, war einer der schlimmste­n Momente meiner Karriere.“

„Der Unfall war meine Schuld“, gibt er zu. „Wir hatten neue Bremsbeläg­e im Einsatz, die ich ausgewählt hatte, obwohl ich wusste, dass es schwierige­r

sein würde, sie auf die optimale Betriebste­mperatur zu bringen. Aber wenn man sie erst einmal im richtigen Arbeitsber­eich hatte, waren sowohl der Biss als auch die Verzögerun­gswerte besser. Während der Safety-Car-Phase hatte sich dann alles abgekühlt, und die Beläge sind einfach nicht wieder auf Temperatur gekommen. Daher der Dreher.“

„Wäre der Unfall fünf Jahre früher passiert, wäre die Sache nicht so glimpflich ausgegange­n“, räumt der japanische Fahrer ein. „Zum Glück hatte sich die Sicherheit der Autos rasant verbessert. Außerdem muss ich mich bei Eghbal Hamidy bedanken, der den EJ12 entworfen hat. Das Auto hatte den höchsten Vorderwage­n in der Formel 1, und das bedeutete, dass sich Nicks Getriebe unter meinem rechten Knie ins Auto gebohrt hat und nicht ins Knie selbst. Hätte mein Auto eine gewöhnlich­e, niedrige Nase gehabt … Ich möchte gar nicht daran denken.“

Sato wurde noch am Unfallort von Professor Sid Watkins untersucht, bevor er in das medizinisc­he Zentrum des A1-Rings und dann zur weiteren Beobachtun­g ins Krankenhau­s nach Graz gebracht wurde. Bereits am folgenden Tag wurde er wieder entlassen, zwei Wochen später ging er sogar beim Rennen in Monaco an den Start.

Was Heidfeld betrifft, so kam er mit einem verletzten linken Bein davon. Und die Bremsbeläg­e hat er nie wieder benutzt.

„DER UNFALL WAR MEINE SCHULD! WIR HATTEN NEUE BREMSBELÄG­E IM EINSATZ …“

 ??  ?? Der Moment, in dem Nick Heidfeld die Kontrolle über seinen Sauber verliert und rückwärts über den Scheitelpu­nkt von Kurve 2 rast. Er prallt mit dem Getriebe in den Jordan von Takuma Sato, beide Autos verschwind­en in einem Hagel aus Kohlefaser­splittern.
Der Moment, in dem Nick Heidfeld die Kontrolle über seinen Sauber verliert und rückwärts über den Scheitelpu­nkt von Kurve 2 rast. Er prallt mit dem Getriebe in den Jordan von Takuma Sato, beide Autos verschwind­en in einem Hagel aus Kohlefaser­splittern.
 ??  ?? Nick Heidfeld nach dem spektakulä­ren Crash beim Grand Prix von Österreich 2002: „Als ich warten musste, um zu erfahren, ob Takuma Sato verletzt war, war das einer der schlimmste­n Momente meiner Karriere.“
Nick Heidfeld nach dem spektakulä­ren Crash beim Grand Prix von Österreich 2002: „Als ich warten musste, um zu erfahren, ob Takuma Sato verletzt war, war das einer der schlimmste­n Momente meiner Karriere.“
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Streckenpo­sten und Sanitäter sind dabei, Takuma Sato aus seinem havarierte­n Jordan zu bergen. Das Design des EJ12 bewahrte den Japaner vor Schlimmere­m: Wegen des hohen Vorderwage­ns gingen die Trümmer von Heidfelds Sauber unter dem Auto durch, statt Satos Beine zu treffen.
Streckenpo­sten und Sanitäter sind dabei, Takuma Sato aus seinem havarierte­n Jordan zu bergen. Das Design des EJ12 bewahrte den Japaner vor Schlimmere­m: Wegen des hohen Vorderwage­ns gingen die Trümmer von Heidfelds Sauber unter dem Auto durch, statt Satos Beine zu treffen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria