Das zähe Ringen um die EU-Milliarden
Neue EU-Abgaben auf CO2, Digitalsteuer und eine Plastikabgabe sollen den riesigen „Aufbauplan“nach Corona finanzieren
Die jüngsten Prognosen zeichnen ein düsteres Bild: Die Konjunktur bricht in jenen Ländern, die von Covid-19 besonders stark betroffen waren, heuer um über zehn Prozent ein (siehe Grafik), auch bei uns ist das Minus mit erwarteten 7,1% noch beachtlich.
Um Pleitewellen zu verhindern und einen Neustart der Wirtschaft zu unterstützen, will die EU noch nie da gewesene Geldsummen in die Hand nehmen. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen Programmen (ESMRettungsfonds, Garantie der Europäischen Investitionsbank) dreht sich die Diskussion vor allem um den Aufbauplan
(„Next Generation EU“) in Höhe von 750 Milliarden Euro. Der Vorschlag der Kommission ist, dass 500 Mrd. € auf dem Kapitalmarkt aufgenommen und als Corona-Hilfen (nicht rückzahlbare Zuschüsse) auf alle Staaten verteilt werden. Zusätzlich soll es noch die Möglichkeit von 250 Mrd. € an direkten Krediten geben.
Das Geld fließt zum größeren Teil nach Italien, Spanien, Frankreich, aber auch Deutschland und Österreich sollen profitieren. Investi
tionen in die Digitalisierung, die Infrastruktur, den Klimaschutz, den Corona-Wiederaufbau und vieles mehr werden unterstützt.
Denn wenn Länder wie Italien wirtschaftlich am Boden liegen, fallen sie auch als Wirtschaftspartner (für Österreich der zweitwichtigste EU-Markt!) weg. Ganz Europa profitiert, wenn sich alle Mitglieder erholen.
Ein Streitpunkt ist, dass das Geld irgendwo versickern könnte. Daher verlangt die EU von allen Bewerbern genaue Pläne, was sie vorhaben. Finanzkommissar Johannes Hahn: „Die Mittel fließen in Etappen, erst nach dem Fortschritt bei den Projekten.“Die Rückzahlung der Zuschüsse erfolgt laut Hahn ausschließlich durch neue EU-Abgaben (ab 2027 auf 30 Jahre verteilt), sodass nationale Budgets nicht belastet werden. „Die Regierungschefs müssen uns beauftragen, bis nächstes Jahr konkrete Modelle auszuarbeiten“, erklärt EU-Finanzkommissar Johannes Hahn. Die EU hat neben der Plastiksteuer 4 neue Arten von Abgaben vorgeschlagen:
Der CO2-Emissionshandel würde auf Luft- und Schifffahrt ausgedehnt (bringt bis zu 10 Mrd. € pro Jahr).
Ein „Ausgleichsmechanismus“(Hahn) auf Importe in die EU aus Ländern mit niedrigeren Umweltstandards, der die dort erzeugten Produkte besteuert. Hahn: „Das bringt je nach Ausgestaltung 5–14 Mrd. €.“
Eine Digitalsteuer auf Google & Co. (1,3 Mrd. €).
Eine Binnenmarktsteuer für Betriebe ab 750 Mio. € Umsatz mit hohem Exportanteil. Hahn: „Im Gegensatz zu KMUs profitieren sie stark von der gemeinsamen Währung und der Zollfreiheit.“(Einnahmenschätzung 10 Mrd. €).
Auf dem Gipfel nächste Woche muss Ratspräsident Charles Michel mit Hilfe von Angela Merkel die EU27 auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bringen. Österreich und anderen hat er neue Rabatte auf den EUBeitrag angeboten.
Mit einer raschen Entscheidung schaffen wir wieder Vertrauen bei den Konsumenten in Europa.
EU-Kommissar Johannes Hahn