Frauenversteher
Ich hab a edles Gemüt wia a Pfarrer“, sagte Herr S., 51 Jahre alt, wohnhaft im 10. Wiener Gemeindebezirk, zum Bezirksrichter. „I kann normalerweise keiner Fliege etwas zuleide tun. Des müssn S ma glaubn. Aber wamma so gemein behandelt wird, da gibts nur ans: Lynchjustiz. Wäu de Gerichte san sowieso überlastet – durch Corona no zusätzlich; da is sicher vü verschobn wordn. Sogar jetzt im Sommer is vü los. Bei dera Hitz! Was sagn S dazua? Aber egal, des wird sunst a Themenverfehlung.
I hab damals an Besuch erwartet, von aner Bekanntn, und hab dementsprechend gewisse Vorbereitungen getroffen. I hab a kalte
Plattn hergerichtet, mit an kaltn Schweinernen, an kaltn Faschiertn, diverse kalte Wurstsorten, kalte Gurkerln und dazua a guats Flascherl Wein, an kaltn.
Den Wein hab i am Gang in de Bassena gstellt, damit er kalt bleibt, wäu mei Kühlschrank is derzeit hin. Hab den Tisch schön weiß gedeckt, Bleamerln drauf, um halba siebene war mei Besuch da. Ma hat gsehn, die Frau is beeindruckt.
Na, die Frau ziagt se aus, in Mantl, schaut se um, sagt: ,De Wohnung is rein, aber a Schaluppn; wenns mit uns zwei ernst wird, dann nur mit an trauten Heim.‘
I, sehr erfreut über die verhüllte Liebeserklärung, sag: ,Frau Lieserl, auf des müass ma trinken! Bitte, Platz zu nehmen, ich komm sofort!‘ , renn aufn Gang, um mein Wein, is kaner mehr da. Ein Horror. Den Moment hör i scho, wia mei Nachbar de ,Reblaus’ singt. I klopf an, macht er auf, anblasn, mit meiner Flasche in der Hand. Zahrt mi eine, ladt mit zu an Schluck ein. Des andere wissn S eh. Ich bekenne mich unschuldig! Wamma aner a Flaschn stühlt, wer i do no a paar Flaschn austäuln dürfen! Des is ja wohl des Mindeste.“
„Mei Nachbar is a liebestoller Frauenversteher“, erklärte der Misshandelte. „Er hat glaubt, mit an Flaschl Wein kann er de hübsche Frau einkochn. Mei Bua is damals kumma und hat gsagt: ,Papa! Dir hat wer a Flaschl Wein zur Tür gstellt.’ Nachdem i im Haus sehr beliebt bin, hab i de Bouteille sofort bedenkenlos aus Wohl des unbekannten Spenders geleert!“
Die Nachbarn verglichen sich.