Das Maß ist voll, Herr Erdoğan!
Was muss noch alles geschehen, um die EU-Beitrittsverhandlungen samt den „Heranführungsmilliarden“zu stoppen? Eine deutlichere Provokation als diese um die Hagia Sophia braucht es ja gar nicht, um zu signalisieren, dass die Erdoğan-geführte Türkei im politisch-kulturellen Sinne mit diesem Europa nichts zu tun haben will.
Mit der Umwandlung des Ayasofya-Museums in eine Moschee – die Website ist bereits auf Moschee geändert – durch ein bestelltes Urteil einer kaputtgemachten Justiz wurde nicht nur „die jahrelange Sehnsucht des Volkes gestillt“, sondern auch das Geltungsbedürfnis jenes Präsidenten, der in den engen Straßen der Armenviertel von Istanbul aufgewachsen war.
Zum Beten braucht es die Hagia Sophia nicht, denn in Gehweite liegen gleich zwei ebenso prächtige Gotteshäuser, und Gott hört die Gebete an jedem Ort. (Es gibt keinen GebetsBonus im Siegesrausch auf erobertem Boden wie jenen für den 24. Juli geplanten.)
Es geht einzig darum: Das Wahrzeichen der Christenheit ist unser! Mit dieser Handreichung an die MHP („Partei der nationalistischen Bewegung“) kann sich Erdoğan ein bequemes Weiterregieren absichern.
Die Türkei hatte einmal eine große Zukunft vor sich – unter dem viel zu früh verstorbenen Modernisierer Kemal Atatürk. Schade um den Rückfall und schade, dass Europa und die Türkei heute nun getrennte Wege gehen. Dieses Land mit einer großen Kulturvergangenheit beider Religionen hat Besseres verdient.