. . . Corona, Sport und Spiele
Heute wäre der große Tag! Am 12. Juli sollte das Finale der Euro 2020 stattfinden. Dann kam das Virus. Nicht nur die Meisterschaft, welches Land die besten Fußballer hat, wurde auf 2021 verschoben. Infolge der Coronapandemie ist im Sport als unser aktiv und passiv – vor dem Fernseher – liebstes Freizeitvergnügen nichts mehr so, wie es einmal war.
Dabei wird der Profifußball gegenüber den meisten Sportarten ohnehin bevorzugt. Weil man genug politischen Einfluss hatte, um viel früher deutlich mehr sporteln zu dürfen. Mit Geisterspielen als Notlösung werden sowohl nationale Meisterschaften als auch Champions League und Europa League als internationaler Wettbewerb knallhart durchgezogen. Bayern
München oder FC Barcelona? Vom 7. bis zum 23. August wird im Eiltempo ausgespielt, wer das beste Vereinsteam des Kontinents ist. Dafür gibt es Millionen Gründe, denn es geht um unglaublich viel Geld.
Warum sollte es im Sport anders sein als anderswo in der Wirtschaft? Kleinunternehmen beklagen wie Amateurvereine und Randsportarten, dass die Coronapolitik nur an die großen Firmen denkt und diese rettet. Real Madrid und Manchester City müssen sich nicht ums Überleben sorgen, egal, wer von ihnen im direkten Duell auf der Strecke bleibt. „Brot und Spiele“nützen in der Pandemiezeit häufig den Reichen im Sport, während sich kleine Halbamateurklubs in einem echten Überlebenskampf um das tägliche Brot befinden.
Der Anteil Österreichs im internationalen Sport ist dabei ausnahmsweise nicht der Skiweltcup. Sondern die Formel 1, doch dazu weiter unten. Beim Bergabfahren auf Schnee kann man ja nach dem Abbruch der Vorsaison noch auf eine Verbesserung der pandemischen Lage bis zum Winter hoffen. Zudem Hand aufs Herz: Kitzbühel & Co. ausgenommen, aber jede Menge Weltcuprennen finden – vor allem in den USA – sowieso fast ohne Zuschauer vor Ort statt. Die Alpenregion ausgenommen, fällt es weltweit nicht einmal auf,
wenn Skifahren zum reinen Fernsehsport wird.
Dafür erklingt bei uns letztes und dieses Wochenende in Spielberg wieder Motorengebrüll, obwohl Niki Lauda das ewige „ImKreis-Fahren“einst vorübergehend satt hatte. Braucht die Welt ganz schnell wieder möglichst viele Formel-1Rennen? Abgesehen vom zum Fußball analogen Gegenargument des Millionenspektakels auf Kosten lokaler Kleinveranstalter von Sportevents muss man sagen, dass die Sache bisher funktionierte: Coronafälle blieben zunächst aus, das erste Rennen war spannend und di Einschaltquoten im Fernsehen super. Umweltpolitische Diskussionen haben nichts mit der Pandemie zu tun, das Organisationskonzept hat sich also bewährt.
Schneller, höher, stärker! Ohne Pferdestärken gab es in der Leichtathletik sogar neue Rekorde. Das norwegische Supertalent Jakob Ingebrigsten wurde mitten im Corona-Juni zum schnellsten Europäer über 2000 Meter. Ja, das ist eine selten gelaufene Strecke. Doch wenn ein 19-Jähriger dafür bloß vier Minuten und 50 Sekunden braucht, befriedigt das fast wie in normalen Zeiten unsere Heldensehnsüchte. Die Kreativität kennt da kaum Grenzen: Athleten sollten gar zeitgleich in Tausende Kilometer entfernten Stadien laufen, um sich mit Abstand zu messen.
Der sportliche Vergleichswert ist null, wenn einer bei 35 Grad im nicht vorhandenen Schatten antritt, während der andere ideale Wetterbedingungen hat. Für Läuferstars gilt jedoch dank Fernsehen „The show must go on!“. Dem Volk bleiben oft nicht einmal Brosamen. Die großen Marathons in New York und Berlin mit Abertausenden Hobbyläufern wurden klarerweise abgesagt, ein reiner Elitelauf der Stars ohne Zuschauer wäre möglich gewesen. Es ist den Berliner Veranstaltern zu danken, dass sie das nicht als Sinn der Sache eines „Volkslaufes“ansahen.
Weil fast jeder kann laufen. Gut, der 24-Stunden-Lauf in Bad Blumau als einer der ersten heimischen Läufe nach Corona war nicht massentauglich. Otto Normalverbraucher will keine 200 (!) Kilometer und mehr an einem Tag herumhoppeln. Doch über Kurzdistanzen haben sich Kleinveranstalter vom Wiener Prater bis zum Linzer Pleschingersee längst um Laufsport für alle bemüht. Mit Einzelstarts wie beim Radzeitfahren. Das ist nicht wie frühere Volksläufe, doch Sport und Spiele für wirklich alle – und sollte Fernsehsender genauso interessieren!
Denn so erfreulich es ist, dass wir wieder Sportereignisse haben: Die Meinungen der Bevölkerung dazu werden oft zu wenig beachtet. Die Olympischen Spiele in Tokio drohen zum Milliardengrab zu werden, wenn sie 2021 nicht stattfinden. Bereits die Verschiebung kostete 2,5 Milliarden Euro. Also wollen das internationale und nationale Komitee Olympias nun Spiele um jeden Preis. Obwohl nach Umfragen eine Mehrheit der Einwohner Tokios gegen die Durchführung ist. Natürlich ist das eine Momentaufnahme, doch auch darauf muss gehört werden.