Europaweit gibt es Redebedarf
Vor dem EU-Gipfel am Freitag in Brüssel leisten Regierungschefs Überzeugungsarbeit BRÜSSEL. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel traf gestern Italiens Regierungschef Guiseppe Conte, heute soll Spaniens Pedro Sánchez folgen. Mark Rutte, Ministerpräsident d
Ein Deal kann nur unter vier Augen ausgehandelt werden. Nicht via Videokonferenz. Weswegen sowohl die Befürworter des 750-Milliarden-Pakets mit mehr Zuschüssen statt Krediten für die von Corona stark betroffenen Länder als auch die Gegner Werbung in eigener Sache machen, bevor am Freitag beim Gipfel in Brüssel eine Entscheidung fallen soll. Angela Merkel traf gestern Giuseppe Conte. Die Italiener würden vom Coronapaket profitieren, Conte hat allerdings ein Problem: In seiner Regierung sitzen auch Gegner des Pakets. Warum? Italien befürchtet zu viel Kontrolle aus Brüssel. Ähnlich geht es Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez. Er lehnt die Forderung der „Sparsamen vier“nach sozialen und ökologischen Reformen strikt ab und befürchtet, dass Aufla
gen zu einer inakzeptablen Einmischung in die Sozialund Wirtschaftspolitik Spaniens führen könnten. Sánchez weilte gestern bei Mark Rutte, dem Anführer der „Sparsamen vier“, und soll heute Merkel treffen.
Griechische Rettung kostete Rutte fast Amt
Den meisten Gesprächsbedarf gibt es aber ohnehin mit dem Niederländer Rutte. Er steht Brüssel in Richtung Wiederaufbaufonds im Weg. Zuletzt war Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei ihm, ebenso Ratspräsident Charles Michel. Es folgte ein Treffen bei Merkel in Berlin letzte Woche, gestern mit Portugals Costa und
Spaniens Sánchez. Auch Conte soll sich vor dem Gipfel am Freitag auf den Weg nach Den Haag machen.
Rutte hat diesbezüglich einen Plan. Dass die europäischen Entscheidungsträger bei ihm Schlange stehen, zeigt seinen Wählern, dass er sich für die nationalen Interessen starkmacht. Nächsten März sind in Holland Parlamentswahlen.
Seit 2010 regiert der Chef der VVD (Volkspartei für Freiheit und Demokratie) als Ministerpräsident. Die „teure“Rettung des EU-Mitglieds Griechenland in der Finanzkrise hätte dem sparsamen Rutte beinahe das Regierungsamt gekostet. Das mahnt ihn zur Vorsicht.