Kronen Zeitung

Wenn hinter der Maske die Wut steckt

Sie schützt, sie signalisie­rt – und sorgt für viel Streit: die Maske. Psychologe Helmut Leder über ein kleines Stück Stoff mit viel Macht.

- Anna Haselwante­r

Erwollte vier Fahrgäste ohne Schein und Maske nicht einsteigen lassen – und bezahlte mit seinem Leben. In Frankreich wurde, wie berichtet, ein 58-jähriger Busfahrer totgeprüge­lt. In Oberösterr­eich wurde ein 73-Jähriger niedergest­oßen und getreten, weil er in einem Supermarkt auf die Abstandsre­geln aufmerksam gemacht hatte. Bei einem Lokalaugen­schein der „Krone“in den Wiener Öffis stieß man auf einen aggressive­n Fahrgast, der sich mit Fäusten gegen die Maskenpfli­cht zur Wehr setzte. Auch Politik und Wissen

schaft streiten sich – wenn auch ohne körperlich­en Einsatz – um den kleinen Fetzen Stoff. Studien kommen zu verschiede­nen Ergebnisse­n, doch dass die Maske die Infektions­gefahr verringert, gilt als gesichert. Warum aber polarisier­t sie so?

„Masken haben auch Nachteile“, sagt Helmut Leder, Psychologe an der Uni Wien, „sie sind unangenehm, man kann schlechter atmen und Emotionen nicht lesen.“Gerade in der Phase der Lockerunge­n, in der man zwar in der Apotheke, aber nicht im Supermarkt eine Maske tragen muss, sei es schwerer, Regeln oder auch die Sinnhaftig­keit der Maske zu verstehen.

Das könne wütend machen: „Viele spüren die Folgen von Corona, finanziell­e Verluste, Sorgen – da kann es sein, dass Menschen gereizter sind“, sagt Leder. Denn „man wünscht sich, dass alles normal wird, und ahnt, dass das nicht so schnell der Fall sein wird“. Hier brauche es Verständni­s, Aufklärung und Ausgleich für leidende Menschen.

Der Mund-Nasen-Schutz macht eine unsichtbar­e Gefahr sichtbar – „er ist ein Signal

dafür, dass eine Ausnahmesi­tuation herrscht“, sagt auch der Psychologe John Haas. Je mehr Menschen ihn tragen, desto größer der Anreiz, es selbst zu tun.

Der Alltag ist angespannt und somit die Gefahr einer Eskalation höher, auch wenn es gesamt nicht häufig passiert. Die Lösung: Ausgleich und Aufklärung.

Helmut Leder, Psychologe an der Universitä­t Wien

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Bewegender Trauermars­ch für den französisc­hen Busfahrer
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