Mut zu Welttheater
Salzburger Festspiele: „Jedermann“
Für ihn ist es das letzte, für sie das erste Mal. Und dann war prompt der Wettergott ungnädig: Wie schon bei der Premiere von Michael Sturmingers Inszenierung des Paradestücks 2017 mussten „Jedermann“Tobias Moretti und „Buhlschaft“Caroline Peters samt Entourage vom Domplatz ins Festspielhaus übersiedeln.
100 Jahre Salzburger Festspiele sind 100 Jahre „Jedermann“. Hugo von Hofmannsthals „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ist noch immer der Publikumsmagnet des Festivals, wird es auch bleiben. Selbst in der aktuellen, modernistischen Inszenierung, die in der vierten Saison schon leicht angestaubt wirkt – trotz Neonlicht und schicken Klamotten (Bühne und Kostüme: Renate Martin, Andreas Donhauser).
Zart glitzernde Eierschalenfarbe und sinnliches Rot: Salzburgs neue Buhlschaft Caroline Peters erscheint als kühle Gespielin des Lebemannes, wohlgemerkt aber nicht als berechnende. Seltsam die Distanz zwischen ihr und einem müde wirkenden Tobias Moretti, dem das Nachsinnende von einst abhandengekommen ist. Ein Jedermann in seiner letzten Staffel, schon vom Beginn an zweifelnd, verängstigt, gefangen in großer Einsamkeit trotz grell-lauter Tischgesellschaft.
Ein Welttheater mit Abstand, auf der Bühne wie krisenbedingt im Zuschauerraum des Großen Festspielhauses! In Sturminger Inszenierung waren und bleiben die Figuren eigentlich in einem schick herausgeputzten Nebeneinander, auch wenn sie in Dialogen sind. Fahl wirkt das Ganze, gezwungen und wohl durch unterschwellige Angst gebremst. Diesmal stechen nur wenige Szenen hervor, etwa die mit Jedermanns Mutter mit der großen Edith Clever (auch schon eine SalzburgLegende) oder mit dem flatternden Tod in High Heels Peter Lohmeyer.
Beachtenswert jedenfalls der Mut zu diesem Unterfangen, der vom Ensemble mit Gregor Bloéb (Guter Gesell/Teufel), Christoph Franken (Mammon), Mavie Hörbiger (Gute Werke), Falk Rockstroh (Glaube) und all den anderen für dieses Jubiläumsjahr samt all den Zwängen aufgebracht wurde. Das Publikum dankt es mit Jubel!