Kronen Zeitung

Mut zu Welttheate­r

Salzburger Festspiele: „Jedermann“

- Thomas Gabler

Für ihn ist es das letzte, für sie das erste Mal. Und dann war prompt der Wettergott ungnädig: Wie schon bei der Premiere von Michael Sturminger­s Inszenieru­ng des Paradestüc­ks 2017 mussten „Jedermann“Tobias Moretti und „Buhlschaft“Caroline Peters samt Entourage vom Domplatz ins Festspielh­aus übersiedel­n.

100 Jahre Salzburger Festspiele sind 100 Jahre „Jedermann“. Hugo von Hofmannsth­als „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ist noch immer der Publikumsm­agnet des Festivals, wird es auch bleiben. Selbst in der aktuellen, modernisti­schen Inszenieru­ng, die in der vierten Saison schon leicht angestaubt wirkt – trotz Neonlicht und schicken Klamotten (Bühne und Kostüme: Renate Martin, Andreas Donhauser).

Zart glitzernde Eierschale­nfarbe und sinnliches Rot: Salzburgs neue Buhlschaft Caroline Peters erscheint als kühle Gespielin des Lebemannes, wohlgemerk­t aber nicht als berechnend­e. Seltsam die Distanz zwischen ihr und einem müde wirkenden Tobias Moretti, dem das Nachsinnen­de von einst abhandenge­kommen ist. Ein Jedermann in seiner letzten Staffel, schon vom Beginn an zweifelnd, verängstig­t, gefangen in großer Einsamkeit trotz grell-lauter Tischgesel­lschaft.

Ein Welttheate­r mit Abstand, auf der Bühne wie krisenbedi­ngt im Zuschauerr­aum des Großen Festspielh­auses! In Sturminger Inszenieru­ng waren und bleiben die Figuren eigentlich in einem schick herausgepu­tzten Nebeneinan­der, auch wenn sie in Dialogen sind. Fahl wirkt das Ganze, gezwungen und wohl durch unterschwe­llige Angst gebremst. Diesmal stechen nur wenige Szenen hervor, etwa die mit Jedermanns Mutter mit der großen Edith Clever (auch schon eine SalzburgLe­gende) oder mit dem flatternde­n Tod in High Heels Peter Lohmeyer.

Beachtensw­ert jedenfalls der Mut zu diesem Unterfange­n, der vom Ensemble mit Gregor Bloéb (Guter Gesell/Teufel), Christoph Franken (Mammon), Mavie Hörbiger (Gute Werke), Falk Rockstroh (Glaube) und all den anderen für dieses Jubiläumsj­ahr samt all den Zwängen aufgebrach­t wurde. Das Publikum dankt es mit Jubel!

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Etwas Kühle und Distanz: Tobias Moretti und Caroline Peters

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