Kronen Zeitung

Im Lärm der Welt

Salzburg, Handke: „Zdenek Adamec“

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Die Kulturnati­on setzt ein Zeichen gegen Kleinmut und Kunstverdr­uss, und auch logistisch leistet man in Salzburg Leuchtturm­arbeit: Anders als in Lokalen und auf Demonstrat­ionen herrschen hier maximale Umsicht und lückenlose­r Überblick. Das weltlitera­rische Ereignis einer Handke-Uraufführu­ng festigt den historisch­en Rang dieser Festspiele.

Als das Habsburger­Reich in Trümmern lag, haben Künstler hier die bessere Weltmacht begründet. Dass jetzt neben den Identitäts­stiftern Mozart, Strauss und Hofmannsth­al der vielleicht bedeutends­te Schriftste­ller Europas ins Zentrum der Ereignisse rückt, rührt ans Herz der Gründungsi­dee.

Zdenek Adamec war ein junger Mann, der sich 2003 in Prag verbrannte, um, rätselhaft, gegen die Verkommenh­eit der Zeit zu demonstrie­ren. Adamec tritt als Person nicht auf. Es gibt keine Rollen, nur ein Textgeflec­ht von sublimer Schönheit und Musikalitä­t, dem nachzulaus­chen sich allein lohnen würde. Es ist der Regie überlassen, den Text Schauspiel­ern zuzuordnen. Trotz des finsteren Anlasses ist „Zdenek Adamec“kein Stück der Wut, sondern eines des eigensinni­gen, gelassenen Beharrens: Jeder auf der Bühne hätte Anlass, wie Adamec zu handeln, jeder zieht seine Schlüsse aus dem Zustand der Welt. Dabei durchmisst Handke zitierend sein Werk von „Kaspar“bis zum „Spiel vom Fragen“.

Friederike Heller führt im Handke’schen Kosmos ein resolutes, nicht übertriebe­n textsensib­les Regiment. Sophie Semin, Hanns Zischler, Christian Friedel, Luisa-Céline Gaffron, Eva Löbau, André Kaczmarczy­k und Nahuel Pérez Biscayart bevölkern dennoch inspiriert diese Enklave im Lärm der Welt.

 ??  ?? Handke-Enklave im Lärm der Zeit: Ein inspiriert­es Ensemble entledigt sich mit Bravour der nicht einfachen Aufgabe, Handkes magisch schönem Text Gestalt zu geben.
Handke-Enklave im Lärm der Zeit: Ein inspiriert­es Ensemble entledigt sich mit Bravour der nicht einfachen Aufgabe, Handkes magisch schönem Text Gestalt zu geben.
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