Keine Träume für „danach“
Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler über Corona, ihre Gedanken nach der Saison 2021 und worüber ihre Mutter nie mit ihr sprach
Heuer ist es das 100-Jahre-Jubiläum unter besonderen Umständen . . .
Es ist eine große Freude und große Verantwortung, ein Festspiel, das 100 Jahre jung ist, ins nächste Jahrhundert zu tragen. Oft werde ich gefragt, glauben Sie nicht, dass die Leute lieber streamen, als nach Salzburg zu kommen. Ich
glaube, gerade Corona zeigt, man braucht das Zusammenkommen – Festspiele sind eine Begeisterungsgemeinschaft, da haben wir noch eine große Zukunft.
Haben Sie schon Pläne für Ihr Leben, nachdem Sie Ende 2021 zurücktreten?
Also, ich glaube, eine Fähigkeit von mir ist es, in der Jetztzeit zu leben und nicht zu denken, was vorher war. Und nicht zu denken, was nachher ist. Ich muss Ihnen sagen, diese Festspiele in Corona-Zeiten sind eine so große Herausforderung, dass ich an Träume für danach wirklich nicht denke.
Sie haben viel Durchhaltevermögen bewiesen – Hand aufs Herz, wie waren die letzten Wochen für Sie?
Die letzten Wochen waren sehr anstrengend, und die nächsten werden mindestens so anstrengend werden. Ausatmen, durchatmen kann ich erst im September, denn wir müssen mit dem kalkulierten Risiko leben. Wir haben ein sehr gutes Präventionskonzept, wir haben sehr gute Vorschriften, stärker als die Verordnungen der Regierung. Aber man muss auf der Hut sein, und darum gehe ich auch mit gutem Beispiel voran, mit Maske, und ich halte Abstand.
Sie wirken stets gut gelaunt. Ihr Geheimnis?
Ich bin immer gut aufgelegt, es beginnt vielleicht damit, dass ich ein Morgenmensch bin, und in der Früh hat man ja noch nichts Böses erlebt. Außerdem halte ich Launenlosigkeit für eine wichtige Führungseigenschaft. Ich möchte nicht, dass meine Mitarbeiterinnen in der Früh schauen müssen, ob ich heute gut oder schlecht drauf bin. Ich bin heute auf jeden Fall gut drauf, weil ich hab eine gute Aufgabe vor mir.
Kann man das lernen, oder trägt man das in sich?
Ich habe als Vorbild meine Mutter gehabt. Meine Mutter hat nie über ihre Probleme gesprochen. Manchmal denke ich, dass wir ihr da nicht oft genug „Danke“dafür gesagt haben, wie selbstverständlich sie Beruf und Familie zusammengebracht hat, wie selbstverständlich sie über gesundheitliche Probleme hinweggegangen ist – ich glaube, Selbstdisziplin ist ganz etwas Wichtiges.
Das haben Sie an Ihre Söhne weitergegeben?
Ich habe eine sehr gute Beziehung zu meinen Söhnen und zu meinen Enkelkindern. Meine Söhne sind 42 und 41, die Enkelkinder werden jetzt 10 – aber ich fürchte, dass ich zu wenig Zeit habe . . .
Sie stehen nahezu ausnahmslos in der Öffentlichkeit? Wie eitel darf man da denn eigentlich sein?
Wenn man so viel interviewt wird, ist man nicht mehr eitel, es gehört zum Tagesablauf. Eine Führungspersönlichkeit hat dafür zu sorgen, dass das Unternehmen gut präsentiert ist, und außer dem Friseurbesuch muss ich mir keine schrecklichen Fesseln anlegen . . .