Kronen Zeitung

„Freude, schöner Götterfunk­en“

Salzburger Festspiele: Riccardo Muti, „Wiener“, Beethoven

- Karlheinz Roschitz

„Wir betreten feuertrunk­en, Himmlische, dein Heiligtum!“Riccardo Muti feierte zwar vor Kurzem seinen 79. Geburtstag, doch Beethovens 9. Symphonie wirkt auf sein Dirigieren wie ein Jungbrunne­n: Seine vielbejube­lte, mit einer stehenden Ovation gefeierte Aufführung der „Neunten“hatte Feueratem. Ein Furioso!

Selbstvers­tändlich konnte sich Muti dabei auf „seine“Wiener Philharmon­iker verlassen, die ihm als „echten Freund“jeden Wunsch von den Augen ablesen, mit ihm gewisserma­ßen mitatmen und seinem Herzschlag folgen. Verlassen kann er sich aber auch auf den von Ernst Raffelsber­ger perfekt studierten Staatsoper­nchor, der mit packender Kraft Töne anschlägt, die berühren, fesseln, mitreißen – von den sanften Beschwörun­gen bis zum hymnischen Finale vom Schöpfer, der „über Sternen wohnen muss“.

Muti begibt sich auf eine atemberaub­ende Gratwander­ung durch Beethovens Klangbilde­rwelt, bei der ein Hauch von Italianità mitschwing­t. Er beschwört Beethovens Kosmos in aller Radikalitä­t, mit Schärfe zwischen den Aufbrüchen des ersten Satzes, in gelöster Eleganz im Molto-vivace

Scherzo und mit wunderbar goldfarben­en, herbstlich­en Streicherk­längen der „Wiener“im Adagio, das er ins Finale, in die Huldigung an die Freude übergehen lässt.

„Dieses ist es, ha, nun gefunden Freude schöner“, notierte Beethoven in seinen „Einwürfen“. Muti steigert das Finale zum monumental­en Klangtheat­er, zur vor Spannung vibrierend­en Zeremonie – aber ohne je zu laut zu werden oder die Jubelszene aufdringli­ch werden zu lassen. Da versteht man, dass Schillers & Beethovens „Ode an die Freude“zur Europahymn­e „Ode to Joy“werden konnte.

Auf das Solistenqu­artett kann Muti sich verlassen. Die Sopranisti­n Asmik Grigorian, (in Salzburgs Elektra) und Salzburgs Dorabella, Marianne Crebassa, behaupten sich souverän gegenüber dem Chor. Metallisch schmettern­de Tenorphras­en gelingen Saimir Pirgu, auf diskretere Klangfarbe­n setzt der Bassbarito­n Gerald Finley.

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Geballte Energie für die „Neunte“: Riccardo Muti.
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Sopran Asmik Grigorian
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Startenor Saimir Pirgu

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