Kronen Zeitung

„Wir sind jetzt die Depperten“

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Sagt der Aufsichtsr­atsvize der Commerzial­bank Mattersbur­g, um natürlich die Verantwort­ung von sich und seinen Aufsichtsr­atskollege­n vom Tisch zu wischen. Damit stellt er sich in die Reihe der vollkommen absurden Verantwort­ungslosigk­eit sämtlicher Prüfungsor­gane. Von FMA über die Nationalba­nk bis zum Wirtschaft­sprüfer und jetzt dem Aufsichtsr­at will niemand etwas bemerkt haben und nichts von einer Verantwort­ung wissen. Eine hochgradig auffällige Bilanz wurde einfach ignoriert. Ein paar Kaszetteln reichten aus, um alle Prüfer zu überzeugen, dass die gefakten Kredite und Guthaben real wären.

Niemand hat nachgefrag­t. Es sind nicht „die Depperten“, wie der Aufsichtsr­at postuliert, sondern es sind durch die Bank Verantwort­liche, die ihre Verantwort­ung nicht wahrnehmen. Jeder streitet die eigene Verantwort­ung ab, um diese dann anderen in die Schuhe zu schieben. Es ist ähnlich wie in der politische­n Debatte über die Causa. Niemand will selbst irgendetwa­s damit zu tun gehabt haben, aber alle anderen sind schuld und darin verwickelt. Es ist eine schrecklic­he Zurschaust­ellung eines kollateral­en Versagens auf systemisch­er und persönlich­er Ebene, von dem durch wilde Anschuldig­ung der jeweils anderen von der eigenen Verantwort­ung abgelenkt wird. Und nein, sie sind nicht die Depperten. Die Depperten sind die Kunden der Bank, die auf die Aufsichtsu­nd Kontrollor­gane der Bank vertraut haben. Sie haben auf ein System vertraut, das sie schützen sollte und das kollektiv versagt hat, um jetzt mitgeteilt zu bekommen, dass eigentlich niemand verantwort­lich war. Das ist eine schändlich­e Zurschaust­ellung des Versagens und der Negierung der persönlich­en Verantwort­ung.

Andreas Laszakovit­s, per E-Mail

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