Lukaschenko: Putin soll „Retter“spielen
Der Kremlchef sichert Weißrussland Beistand gegen MINSK/MOSKAU. Nach einem Hilfsansuchen von Präsident Lukaschenko hat Russland dem Nachbarland Belarus (=Weißrussland) Beistand „für den Ernstfall“zugesagt. Der Kreml bezieht sich auf den Beistandspakt, den
In dem Hilfsansuchen an Putin malt Lukaschenko das Gespenst einer westlichen Einmischung an die Wand, als sei Belarus von Feinden umzingelt: „Wir sehen bereits die Anleitung zu einer farbigen Revolution.“(Damit meint er die demokratischen Umwälzungen in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken wie Georgien oder der Ukraine.) Dieses Malen einer westlichen Gefahr soll Putin hilfswillig stimmen.
Kein Zurückweichen, „selbst wenn ich tot bin“
Während die Massenproteste gegen sein Regime nicht nachlassen, ließ Lukaschenko gestern eine Jubelkundgebung für sein Regime organisieren. Staatsbeamte und Landarbeiter wurden in langen Buskolonnen nach Minsk gekarrt. Dort lauschten die etwa 30.000 Menschen einer lautstarken Rede ihres Präsidenten.
„Danke, dass ihr gekommen seid. Ich stehe hier vor euch wie vor Gott. Ich bin vor euch auf den Knien“, rief der Prügeldiktator mit Tränen in den Augen.
„Polen, Litauen und die Ukraine (die westlich orientierten Nachbarländer), befehlen uns, Neuwahlen abzuhalten. Wenn wir uns am Gängelband führen lassen, gehen wir als Nation zugrunde. Ich werde es nicht zulassen, dass unser Land aufgegeben wird, selbst wenn ich tot bin.“Lukaschenko qualifiziert die Anti-Regime-Demonstranten als „Schafe“ab.
Hunderttausende Menschen haben gestern allein in der Stadt Gomel Abschied von jenem jungen Mann genommen, der im Zuge der Menschenhatz der Regimepolizei festgenommen worden und danach „an Herzversagen“gestorben war. Das Opfer hatte gar nicht an den Demonstrationen teilgenommen, sondern war willkürlich zusammengeschlagen worden.
Bedienstete des Staatsfernsehens haben für heute einen Streik angedroht. Das Fernsehen brachte in den letzten Tagen Erfolgsberichte über die Getreideernte, während gleichzeitig auf den Straßen draußen die Volksseele kochte.
Nach wie vor dubios ist das Geschehen um die Angehörigen der russischen Söldnertruppe „Wagner“, die in Belarus festgenommen wor
den waren. Vor der Präsidentenwahl hatte Lukaschenko einen großen Wirbel inszeniert, weil sie angeblich Unruhe stiften wollten oder gar einen Umsturz planten. Nach der Wahl wurden sie von Lukaschenko sang- und klanglos nach Russland zurückgeschickt.
„Schläferzellen“aus Russland in Belarus?
Bei der angeblich privaten „Gruppe Wagner“handelt es sich um Spezialisten für schmutzige Kriegsführung wie etwa in Syrien oder Afrika. Die Fäden dabei zieht der Kreml, und eingesetzt werden sie überall dort, wo Russland offiziell damit nichts zu tun haben will.
Das erinnert an die Besetzung
der Krim oder der Ostukraine durch die „kleinen grünen Männchen“ohne nationale Hoheitsabzeichen. Sie waren vorher eingesickert.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die in Belarus festgenommenen mehr als 30 Angehörigen der „Gruppe Wagner“nur die Spitze eines Eisbergs einer vielfach größeren Gruppe waren. Solche Schläferzellen könnten auf den Einsatzbefehl warten, falls in Belarus der „Ernstfall“der Demokratie „droht“.
Entwicklung erinnert an Danzig vor 40 Jahren
Das Ringen der Menschen in Belarus mit dem Regime um Demokratie erinnert immer mehr an die historischen Ereignisse in Polen vor 40 Jahren um Lech Wałęsa auf der Danziger LeninWerft. Angesichts dieses Jahrestages bringt die „Kronen Zeitung“in diesen Tagen eine Serie über die Hintergründe und Auswirkungen.
Lesen Sie auf den nächsten beiden Seiten Teil 2 der Serie.