Kronen Zeitung

Starke Frauen

- Franziska.trost@kronenzeit­ung.at

„Er hielt sie für nicht gefährlich – und hat sich verschätzt.“So bringt die belarussis­che Analystin Maryna Rakhlei in einem Interview die Rolle der Frauen in diesen aufgewühlt­en Tagen auf den Punkt. Präsident Lukaschenk­o machte aus seiner Frauenfein­dlichkeit nie einen Hehl. „Die Hauptaufga­be der Frau ist es, Kinder zu kriegen“, betonte er stets. Sie gehöre an den Herd, aber garantiert nicht in die Politik. „Unsere Verfassung ist so beschaffen, dass Männer ihre Last kaum tragen können – bürden wir sie Frauen auf, wird das arme Ding zusammenbr­echen“, meinte er verächtlic­h über Opposition­sführerin Svetlana Tichanowsk­aja.

Die „schwachen“Frauen haben auf ganz besondere Weise die Bilder der Demonstrat­ionen geprägt. In weißen Kleidern, mit Blumen in den Händen, teils barfuß kamen sie zu Tausenden, stellten sich mutig der Gewalt und Repression entgegen, indem sie Soldaten und Polizisten in den Arm nahmen. Und dieses friedliche und vernünftig­e Vorgehen, diese unschuldig­en Gesten sind wohl der stärkste Kontrapunk­t zu der Brutalität Lukaschenk­os.

Die Frauen von Belarus haben in einer immer noch patriarcha­lisch geprägten Gesellscha­ft ihre kraftvolle Stimme entdeckt. Eine, mit der sie weiter eine friedliche Revolution vorantreib­en könnten. Das ist aus der Ferne ein hoffnungsv­olles Signal – und ein besorgnise­rregendes. Denn sie kämpfen gegen einen unberechen­baren Mann, der sich vielleicht doch noch mit aller Macht wehrt, wenn ihm – ausgerechn­et – eine Frau gefährlich wird . . .

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