Starke Frauen
„Er hielt sie für nicht gefährlich – und hat sich verschätzt.“So bringt die belarussische Analystin Maryna Rakhlei in einem Interview die Rolle der Frauen in diesen aufgewühlten Tagen auf den Punkt. Präsident Lukaschenko machte aus seiner Frauenfeindlichkeit nie einen Hehl. „Die Hauptaufgabe der Frau ist es, Kinder zu kriegen“, betonte er stets. Sie gehöre an den Herd, aber garantiert nicht in die Politik. „Unsere Verfassung ist so beschaffen, dass Männer ihre Last kaum tragen können – bürden wir sie Frauen auf, wird das arme Ding zusammenbrechen“, meinte er verächtlich über Oppositionsführerin Svetlana Tichanowskaja.
Die „schwachen“Frauen haben auf ganz besondere Weise die Bilder der Demonstrationen geprägt. In weißen Kleidern, mit Blumen in den Händen, teils barfuß kamen sie zu Tausenden, stellten sich mutig der Gewalt und Repression entgegen, indem sie Soldaten und Polizisten in den Arm nahmen. Und dieses friedliche und vernünftige Vorgehen, diese unschuldigen Gesten sind wohl der stärkste Kontrapunkt zu der Brutalität Lukaschenkos.
Die Frauen von Belarus haben in einer immer noch patriarchalisch geprägten Gesellschaft ihre kraftvolle Stimme entdeckt. Eine, mit der sie weiter eine friedliche Revolution vorantreiben könnten. Das ist aus der Ferne ein hoffnungsvolles Signal – und ein besorgniserregendes. Denn sie kämpfen gegen einen unberechenbaren Mann, der sich vielleicht doch noch mit aller Macht wehrt, wenn ihm – ausgerechnet – eine Frau gefährlich wird . . .