Nächtlicher Reigen
Zwei Uhr früh an einem Freitag. Ein Betrunkener schwankt durch eine Wiener Seitengasse und singt laut vor sich hin: „Läuse ganz läuse klingts durch den Haraum, liebliche Weisäh, ein Hawalzatrahaum.“
Eine Frauenstimme von oben: ,Halts zsamm! Ruich sei! Wir können alle net schlafn. Gib a Ruah!“
Der Betrunkene bleibt sofort stehen, breitet die Arme aus und singt hinauf; „Schau, ich bitt dich, komm heut nahacht, alles is bereit gmahacht, für ein Stelldicheinmidihr...“
Er unterbricht plötzlich, weil ihm die Frau ein Sackerl mit Erdäpfelschalen auf den Kopf wirft. Etwas verwundert ruft der Betrunkene zu der Dame hinauf: ,Was tuast denn da, du Nachtgespenst? Warum haust ma denn a Sackl am Schädl?“
Und singt weiter: „Ja, das Studium der Weiwa is swer, damdalidamdala ungefäähr! Herst, hör auf zum Schmeißn, sunst bin i obn. Aber dann, waßt eh. Dann gibts ka zurück, dann bist duuuu mein und iiii bin dein. So soll es immer sein.“
Und trällert dann: „Höast du denn mein heimliches Rufähn? Öffne dein Herzkämmerlein . . . “
Zum Bezirksrichter sagte dieser Mann: „ Geöffnet hat se des Haustür, aber net ihr Herz. A Mann in an Pyjama is aussekumma und hat ma mit aner Klampfn an fürchterlichn Hieb versetzt. Bitte wann i bsoffn bin, spür i ja nix. Das is des Angenehme an aner bsoffenen Gschicht. Aber den Hieb hab i bis in de kleine Zechn gspürt. Daraus lässt sich schließen, wia stark der hinghaut hat, Herr Rat. I bin a unschuldiges Opfer von an gewalttätigen Menschn.“
Der Hausbesorger als Beschuldigter: „Des war ka Klampfn, des war unser Haustürschlüssl. Der Schlüssl hat nur achtzehn Deka. Von dem kann de klaffende Stirnwunde net sein, mit der der Herr von der Polizei aufgelesen wurde. Wahrscheinlich is er späda no gegn an Hydrantn gflogn. Und de Wahrscheinlichkeit is groß. Oder er hat no wo gsunga. Dem is alles zuzutrauen. Singen tuat er net guat. Des muass an dieser Stelle festghaltn werdn.“
Der Hausbesorger wurde freigesprochen. Der Zeuge sah ihn am Gang noch einmal durchdringend an und sagte: „Des war a Klampfn.“